: ETA-Verdächtiger hofft auf Karlsruhe
Das Bundesverfassungsgericht muss über die Auslieferung eines inhaftierten Basken nach Spanien entscheiden.Zuvor hatten deutsche Richter geurteilt: Foltervorwürfe können in der EU auch die einheimischen Gerichte aufklären
FREIBURG taz ■ Ist Spanien ein Folterstaat? Kann man der spanischen Justiz vertrauen? Diese diplomatisch heikle Frage berät derzeit das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Anlass ist eine Klage des in München-Stadelheim inhaftierten Basken Paulo Elkoro Ayastui, der sich gegen seine Auslieferung nach Spanien wehrt.
Die spanische Regierung wirft Elkoro die Beteiligung an einem Bombenanschlag auf einen Militärstützpunkt vor. Der Anschlag im Jahr 1997, bei dem zwei Frauen verletzt und ein Gebäude beschädigt wurden, soll von der baskisch-nationalistischen Terrorgruppe ETA verübt worden sein. Elkoro soll damals das Fluchtfahrzeug gesteuert haben. Dies hätten Aussagen des inhaftierten Haupttäters Ignacio Garces Beitia ergeben.
Festgenommen wurde der heute 29-jährige Elkoro vor einem Jahr in Nürnberg. Bei einer Personenkontrolle wurde er mit etwas Haschisch erwischt. Seither sitzt er aufgrund eines spanischen Haftbefehls in Auslieferungshaft. Im September protestierte Elkoro mit einem einmonatigen Hungerstreik. Elkoro bestreitet eine Tatbeteiligung. Geflüchtet sei er nur, um Verhaftung und Misshandlungen durch die Polizei zu entgehen. Er behauptet, das Auslieferungsbegehren stütze sich auf Aussagen, die unter Folter erpresst wurden.
Beim Oberlandesgericht Nürnberg fand Elkoro damit kein Gehör, es stimmte im August einer Auslieferung zu. Bei einem EU-Mitglied wie Spanien könne davon ausgegangen werden, so die Begründung, dass die dortigen Gerichte auch Foltervorwürfe umfassend aufklären. Inzwischen hat Elkoros Münchener Anwalt Wolfgang Bendler Verfassungsbeschwerde eingereicht und eine einstweilige Anordnung beantragt.
Bendler wirft dem OLG Nürnberg vor, es hätte die Vorwürfe gegen die spanische Justiz selbst umfassend aufklären müssen. Zumindest im vorliegenden Verfahren habe Spanien nämlich das Vertrauen verwirkt. „Es ist objektiv falsch und eine Täuschung“, so Bendler, wenn sich das Auslieferungsgesuch auf die Belastungsaussagen „vor Polizei und vor dem Gericht“ stütze.
Die spanische Justiz unterschlage, dass Garces Beitia die bei der Polizei gemachten belastenden Aussagen gegen Elkoro bei Gericht widerrufen habe. Außerdem werde nicht einmal erwähnt, dass Garces Beitia angibt, er habe die Aussagen bei der Polizei unter dem Eindruck von Folter gemacht. Erfahren hat Bendler von diesen Vorwürfen nur durch den Verteidiger Garces Beitias. Der in Spanien Inhaftierte macht geltend, er sei von der Polizei mittels Elektroschocks, durch Schläge und durch das Überstülpen von Plastiktüten misshandelt worden.
Die spanische Regierung hält solchen Vorhaltungen entgegen, es sei eine „Taktik“ von ETA-Mitgliedern, Foltervorwürfe gegen den spanischen Staat zu erheben. Allerdings wird die spanische Praxis, die Verdächtigen bei bestimmten schweren Straftaten erst einmal fünf Tage lang in Isolationshaft zu verhören, international kritisiert. Dadurch würden Foltermethoden zumindest begünstigt, so Bendler. Mit einer Entscheidung ist in Karlsruhe in den kommenden Wochen zu rechnen. CHRISTIAN RATH