: Interpretierbare Zahlen
Die Zahl der Wohnungseinbrüche nimmt laut Kriminalitätsstatistik drastisch zu. Auch gibt es deutlich mehr Tötungs- und Gewaltdelikte. Sonst hat die Zahl der registrierten Straftaten abgenommen
VON KAI VON APPEN
Hamburg hat ein Problem: Wohnungseinbrüche nehmen seit dem Sommer 2006 drastisch zu. 2008 registrierte die Polizei 6.811 Einbrüche. Und: Die Zahl der Tötungsdelikte hat sich mit 77 Fällen zum Vorjahr nahezu verdoppelt, Vergewaltigungen nahmen ebenfalls wieder zu. Das erklärte Polizeipräsident Werner Jantosch am Donnerstag bei der Vorlage der Kriminalstatistik 2008. Trotzdem verzeichnete die Polizei insgesamt mit 236.444 Delikten einen Rückgang der Kriminalitätsrate um 0,3 Prozent. „Der rückläufige Trend hält an“, kommentierte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) die Entwicklung. „Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.“
Jantosch macht beim Tageswohnungseinbruch vor allem aus dem Ausland operierende Banden verantwortlich, die aus Rumänien, den Ex-Jugoslawischen Republiken, aber auch aus Holland, Belgien oder Chile kämen. „Die kommen hierher, brechen ein und verschwinden wieder“, sagte Jantosch. Ein Phänomen sei, dass Einbruchserien nicht mehr vornehmlich in den dunklen Wintermonaten stattfänden, sondern sich ein Trend auch in den hellen Sommerzeit abzeichne. Die Polizei habe daher im Januar eine Sonderkommission eingerichtet. Einbrüche, die besonders das Sicherheitsgefühl beeinträchtigten, würden nunmehr zentral bearbeitet, auch bei Funkmeldungen „Einbruch gewesen“ fahre der Streifenwagen mit Blaulicht hin, „da der Täter noch in der Nähe sein könnte“, beteuerte Jantosch. Eine „Besondere Aufbauorganisation“ nehme Lagebeurteilungen vor, um „operative Kräfte“ gebündelt einzusetzen, aber auch „operative Tage“ zu organisieren, an denen geballt Polizisten in potenziellen Einbruchsgebieten auf der Straße seien.
Aber da aus Statistiken auch immer etwas Positives abzulesen ist, verwies Jantosch darauf, dass Hamburg 2008 bei Wohnungseinbrüchen immer noch weit unter den Level von 1990 liege, damals hatte es über 17.000 Wohnungseinbrüche gegeben.
Und ebenso kann statistisch die Zahl der Tötungsdelikte gegenüber dem Vorjahr relativiert werden. „Das war ein historischer Tiefstand“, sagte Jantosch und blickte auf die Jahre davor, wo die Mord- und Totschlagsrate ähnlich hoch gelegen hatte. Und auch der Anstieg bei Vergewaltigungen um 54 Fälle auf 249 Delikte ist für Jantosch auf die außerordentlich niedrigen Zahlen des Vorjahres 2007 zurückzuführen.
Einen Schwerpunkt setzt die Polizei laut Jantosch auf die Bekämpfung der Körperverletzungsdelikte im öffentlichen, schulischen aber auch häuslichen Bereich. „Wir wollen das Dunkelfeld aufhellen“, versicherte auch Ahlhaus. „Wir wollen uns nicht von Zahlen einlullen lassen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben.“ Insgesamt zeigte sich Ahlhaus äußert zufrieden. Im Vergleich zu 2001 gebe es 80.000 Straftaten weniger, das bedeute auch 80.000 Opfer weniger. „Das Sicherheitsniveau Hamburgs ist außerordentlich gut.“
Ahlhaus nutzte die Gunst der Stunde zum populistischen Schlagabtausch. „Wer gegen Polizeibeamte Widerstand leistet, gehört aus dem Verkehr gezogen“, polterte er im Hinblick auf die Randale nach dem FC St. Pauli-Spiel gegen Rostock. „Es ist unerträglich, wenn Krawallmacher und Chaoten Fußball für ihre Exzesse nutzen.“ Er werde sich dafür einsetzen, das Strafmaß für Widerstand von sechs auf 12 Monate Haft zu erhöhen.