: NPD: Schily macht Richter zu Sündenböcken
Innenminister nennt gescheitertes Verbot der Rechtsextremen vor Verfassungsgericht ursächlich für Erfolg der Partei
FRANKFURT/MAIN ap/afp/taz ■ Noch vor der befürchteten Wahl der NPD in den sächsischen Landtag an diesem Sonntag hat die Suche nach den Schuldigen dafür begonnen. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) machte gestern das Bundesverfassungsgericht verantwortlich. „Eine Partei mit deutlich ausländerfeindlicher und antisemitischer Propaganda kommt in die Parlamente. Das ist das Ergebnis einer sehr problematischen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“, sagte Schily der Financial Times Deutschland.
Die Karlsruher Richter hatten 2003 das Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische Partei eingestellt, weil mehrere Zeugen für den Verfassungsschutz arbeiteten. Der frühere Verfassungsrichter Berthold Sommer, der an der NPD-Entscheidung beteiligt war, wies die Kritik zurück. Schließlich habe das Gericht in der Sache gar nicht entschieden, sondern das Verfahren wegen Fehlern eingestellt, „die der Exekutive zuzurechnen waren“, sagte er dem Tagesspiegel.
Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin nannte Schilys Äußerungen unverfroren: „Wer mit einem schlecht vorbereiteten Verbotsantrag keinen Erfolg hat, sollte sich an die eigene Nase fassen“, sagte der FDP-Politiker. Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, hält es für falsch, die Bundesrichter für den sich abzeichnenden NPD-Erfolg verantwortlich zu machen.
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