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Archiv-Artikel

Neandertaler waren keine Milchtrinker

Leipziger Biochemiker konnten nachweisen, dass bei den Neandertalern das Gen zur Verdauung von Milchzucker nicht mehr aktiv war

Der Neandertaler vertrug keine Milch. Dies haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig jetzt bei der Untersuchung des Erbgutes der populären Urmenschen herausgefunden. Das entsprechende Gen, das zur Verdauung von Milchzucker notwendig ist, sei bei erwachsenen Neandertalern nicht mehr aktiv gewesen, erklärte der Leipziger Biochemiker Johannes Krause.

Lediglich Inder, afrikanische Massai und Europäer verfügten über das Lactase-Gen, das auch nach dem Kindesalter das Milchtrinken ohne Verdauungsbeschwerden ermögliche.

Diese Entdeckung am Neandertaler entspreche somit der großen Mehrheit auch der heutigen Weltbevölkerung und sei deswegen keine sonderliche Überraschung, sagte der Leipziger Biochemiker.

„Wir Europäer haben irgendwann vor 10.000 Jahren angefangen, Milchkühe zu züchten“, erklärte Krause. Hierdurch habe sich dann allmählich auch das Lactase-Gen so verändert, dass es heute noch bei Erwachsenen in Europa aktiv ist.

Isotopen-Untersuchungen am Neandertaler-Fossil hatten erst unlängst gezeigt, dass diese vor etwa 30.000 Jahren aus unbekannten Gründen ausgestorbene Menschenart sich fast ausschließlich von Fleisch ernährt hat.

Überraschend ähnlich dem des modernen Menschen sei allerdings das beim Leipziger Neandertaler-Genom-Projekt festgestellte Gen FOXP2, das eine große Rolle für die Sprachfähigkeit spiele. „Es spricht also nichts dagegen, dass auch der Neandertaler sprechen konnte“, sagte der Leipziger Wissenschaftler. Auch wenn der genetische Befund für ein Sprachvermögen stehe, sei es allerdings dennoch möglich, dass die Kultur der Neandertaler keine Sprache ausgebildet habe.

Für das umfangreiche Projekt zur Entzifferung des Neandertaler-Genoms waren auch Proben des im Rheinischen Landesmuseum Bonn aufgewahrten Urmenschenskeletts untersucht worden. Der Fund von 1856 aus dem Neandertal, etwa zehn Kilometer östlich von Düsseldorf, hatte der Menschenart ihren Namen gegeben.

Noch nicht endgültig geklärt ist das Verwandtschaftsverhältnis der Neandertaler zum heutigen Menschen, dem Homo sapiens. Einige Anthropologen gehen davon aus, dass der Neandertaler kein direkter Vorfahr des heutigen Menschen ist, sondern dass die beiden Menschenarten „nur“ gemeinsame Urahnen haben. DPA, TAZ