: Kreisler mit Schamoni
Kreisler, Georg ist heute Abend angesagt. Unter dem Motto „Heute leider Konzert“ startet im Polittbüro am Steindamm die monatlich tagende Vers- und Kaderschmiede unter der Leitung von Thomas Ebermann in die neue Spielzeit.
Der Titel ist dem im Jahr 2001 im Konkret-Verlag erschienenen Buch des in Basel lebenden Österreichers entnommen. Der 1922 geborene, unter den Nazis in die USA emigrierte und 1955 nach Österreich zurückgekehrte Kreisler galt vor allem in den 50er Jahren als einer der wichtigsten deutschsprachigen Musikkabarettisten und Satiriker. Er schreibt, singt und komponiert. Von Kreisler stammen Sätze wie: „Der größte Dienst, den man seinem Vaterland erweisen kann, besteht darin, es abzuschaffen.“ Oder auch: „Wie schön wäre die Kunst ohne die Leute, die behaupten, sie zu fördern.“
Diejenigen, die Kreisler heute Abend vortragen, stellen in jedem Fall eine illustre Runde dar: Gelesen werden die Texte von Dietmar Mues, der neben schauspielerischen Aktivitäten auch als „Stimme“ in Hörspielen und Dokumentarfilmen bekannt ist. Unterbrochen wird seine Lesung der Kreisler-Texte durch Jochen Distelmeyer, den meisten durch sein schrammelndes Gitarrenspiel und seinen philosophisch inspirierten Gesang bei Blumfeld geläufig. Auch Rocko Schamoni, sonst eher Conférencier eines schlagerhaften, ironisch-anarchistisch vorgetragenen Liedgutes, wird Kreisler singen.
An die Seite gestellt bekommen die beiden höchst unterschiedlichen Vertreter der Pop-Linken einen Entdecker jüdischer Lieder: Daniel Kempin, Sänger und Gitarrist, ist seit Jahren mit jiddischen Lieder-Programmen unterwegs. Das hat für ihn nichts mit Nostalgie zu tun, sondern bedeutet für ihn Auseinandersetzung mit den Wurzeln jiddischer Kultur. Außerdem werden die beiden Chefs vom Polittbüro, Lisa Politt und Gunter Schmidt gesanglich einsteigen.
Zusammengehalten wird das alles vom Mann am Klavier: Dieter Glawischnig. Der ist nicht nur Leiter der NDR Bigband, sondern gilt auch bundesweit als einer der wichtigsten Jazzmusiker. Ein „Line-up“, dass es so sicher nicht alle Tage zu sehen und zu hören geben wird. Dirk Seifert
heute, 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45