: Der Wolf, der für die Wahl nur Kreide frisst
Für den Wahlerfolg in Sachsen übt sich NPD-Kandidat Holger Apfel ausnahmsweise in bürgerlichen Umgangsformen
Holger Apfel hat sich eine neue Uniform zugelegt. Bei öffentlichen Gelegenheiten sieht man ihn in einem hellen Anzug, der so gut sitzt, wie es seine Figur eben erlaubt. Den Eindruck eines germanischen Recken macht der füllige 33-Jährige nicht gerade. Wenn er leicht lispelnd seine Parolen an das deutsche Volk absondert, fällt einem zuallerletzt der Begriff „Führerpersönlichkeit“ ein.
Dennoch kann der junge Mann auf eine ziemlich steile Karriere innerhalb der NPD verweisen, die ihn zum stellvertretenden Bundesvorsitz und zur Spitzenkandidatur in Sachsen führte. Zu verdanken hat er den Aufstieg zu einem Teil seinem Ziehvater, dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt. Zum anderen ist Apfel inzwischen Chefredakteur der Zeitung Deutsche Stimme und Geschäftsführer des gleichnamigen Verlages, dessen Sitz ins sächsische Riesa verlagert wurde.
Für diese Aufgabe bringt er seine Erfahrungen als gelernter Verlagskaufmann mit. Außerdem gab er in seiner Zeit beim NPD-Jugendverband deren Zeitschrift „Einheit & Kampf“ heraus. Dort wurde 1997 die Forderung nach einem Friedensnobelpreis für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess erhoben.
Apfels Weg in die rechtsextreme Szene schien bereits als Schüler vorgezeichnet. 1970 in Hildesheim geboren, arbeitete er im „Studentenbund Schlesien“ mit und stieß dort auf NPD-Funktionäre. Schon 1994 stieg er in den Bundesvorstand auf und avancierte ein Jahr später zum Amtsleiter für Organisation und Öffentlichkeitsarbeit. Seit 1998 fungierte er als Bundesorganisationsleiter in München.
Nicht nur durch die Deutsche Stimme ist Apfel inzwischen stärker an Sachsen gebunden. Die Erfolge bei den Kommunalwahlen im Juni bescherten ihm eines von drei Stadtratsmandaten des „Nationalen Bündnisses“ in Dresden. Hier ließ sich die zur Schau getragene Noblesse nicht lange durchhalten. Gleich in der ersten Stadtratssitzung sorgte Apfels Forderung nach Abschaffung der Ausländerbeauftragten für einen Eklat.
Kenner der rechten Szene sind ohnehin der Meinung, dass Apfel für den Landtagswahlkampf nur Kreide gefressen hat. Von seinen JN-Kampfgenossen hatte er in den Neunzigern noch martialisches Auftreten und ein Leitbild gefordert, das sich „einzig und allein an der Wehrmacht und den Soldaten der Waffen-SS“ zu orientieren habe.
Auf einer Veranstaltung des Dresdner Nationalen Bündnisses 2003 äußerte er: „Längst werden in Deutschland nicht mehr die Interessen der Deutschen vertreten, sondern nur noch Klientelopolitik für Reiche, Ausländer, Schwule, Anarchos und Kiffer betrieben.“ Sein letzter Wählerbrief an die „lieben Landsleute“ drei Tage vor der Wahl fiel kaum zahmer aus: „Großindustrie und ausländisches Kapital, Ali oder Mustafa, Drogensüchtige und Händler, sie alle haben bereits ihre Unterstützer im Parlament.“ Weshalb die NPD endlich „deutsche Interessen“ vertreten müsse. MICHAEL BARTSCH