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Archiv-Artikel

Das Videoangebot

VON BERND PICKERT

Mit einer Videobotschaft an die iranische Bevölkerung und Führung hat US-Präsident Barack Obama seinen Willen zu einem Neubeginn in den seit der iranischen Revolution vor 30 Jahren eisigen Beziehungen zwischen den USA und Iran bekräftigt. Mit Grüßen zum iranischen Neujahrsfest am 21. März sagte Obama in der Nacht zum Freitag: „In dieser Jahreszeit der Neuanfänge möchte ich mich mit klaren Worten an die iranischen Führer wenden. Wir haben ernste Meinungsverschiedenheiten, die mit der Zeit gewachsen sind. Meine Regierung ist nun der Diplomatie verpflichtet, die die gesamte Bandbreite der vor uns liegenden Themen anspricht.“ Wenn die iranische Führung bereit sei, „ihre Faust zu öffnen“, würden die USA die Hand reichen, sagte Obama.

Eine Politik der Drohungen und der Konfrontation lehnte der US-Präsident ab. „Stattdessen streben wir ein Engagement an, das ehrlich ist und auf wechselseitigem Respekt basiert“, sagte Obama und griff damit eine Formulierung auf, die auch der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad als Vorbedingung für Gespräche genannt hatte. Der Iran, sagte Obama, solle seinen rechtmäßigen Platz in der internationalen Gemeinschaft einnehmen können. Das aber gehe mit Verantwortung einher und könne nicht durch Terror oder Waffen erreicht werden, sondern nur durch friedliches Handeln. Die wahre Größe der iranischen Zivilisation zeige sich nicht in ihrer Zerstörungskraft, sondern in ihrer Fähigkeit, Dinge aufzubauen. Damit griff Obama eine Formulierung wieder auf, die er bereits in seiner Antrittsrede am 20. Januar an die Adresse islamischer Führer gebraucht hatte.

In Europa gab es auf Obamas Geste positive Reaktionen. EU-Chefdiplomat Javier Solana sagte: „Das ist ein sehr gutes Angebot, eine sehr durchdachte Erklärung.“ Er, Solana, hoffe sehr, „dass Iran intelligent darauf reagiert“. Doch wegen des Feiertages blieb eine offizielle Stellungnahme der iranischen Führung zunächst aus. Ein Sprecher von Präsident Ahmadinedschad sagte der Nachrichtenagentur AFP lediglich, den Worten Obamas müssten nun Taten folgen, „um die Fehler der Vergangenheit zu reparieren“. Die Iraner seien allerdings nicht bereit, „die vorherige feindliche und aggressive Haltung der USA“ zu vergessen. Und ein ranghoher Regierungsvertreter sagte der Agentur Reuters: „Die USA könnten uns freundlich die Hand reichen, indem sie ihr Verhalten grundlegend ändern.“ Dazu gehöre etwa, die gegen den Iran verhängten Sanktionen aufzuheben, mit denen USA und EU den Iran zur Aufgabe seines Urananreicherungsprogramms bringen wollen.

Mit der Videobotschaft geht Präsident Obama weiter auf dem Weg der Diplomatie, den er bereits im Wahlkampf angekündigt hatte. Wo sein Vorgänger, Präsident George W. Bush, den Iran zusammen mit Nordkorea und dem damaligen Irak unter Saddam Hussein gemeinsam auf einer „Achse des Bösen“ gewähnt hatte, mit deren Mitgliedern keinerlei Gespräche möglich seien, hatte Obama Gesprächsbereitschaft und ein Primat der Diplomatie angekündigt.

Dabei lässt sich Obama jedoch die Instrumente nicht aus der Hand nehmen, mit denen die USA und die Europäische Union in der Vergangenheit versucht haben, die Führung in Teheran unter Druck zu setzen. Im Gegenteil: Selbst in seiner rhetorisch so offenherzigen Videoadresse stellt Obama unmissverständlich klar, dass es der Iran sei, der sich zuerst bewegen müsse, um einen Prozess der Annäherung in Gang zu setzen.

Noch ist von einem Einlenken Irans in der Atomfrage allerdings nicht die Rede. Und selbst ein möglicher Regierungswechsel nach den iranischen Präsidentschaftswahlen im Juni dürfte an der Atompolitik Teherans im Prinzip nichts ändern – immerhin versteht die große Mehrheit des iranischen Volkes das Recht auf eine eigene Atompolitik als Beweis nationaler Souveränität. Am Freitag erklärte der iranische Energieminister Parwis Fattah bei einem Besuch in Istanbul, Iran werde das Atomkraftwerk Buschehr bis Ende des Jahres in Betrieb nehmen.