: Annan sieht Risiko, Bush Chance
UN-Generaldebatte in New York eröffnet. UN-Generalsekretär fordert Respekt für Rechtsstaatlichkeit. US-Präsident fordert Demokratiefonds und Anti-Terror-Kampf
NEW YORK dpa/ap/kna/taz ■ Am UN-Hauptquartier in New York ist gestern die alljährliche Generaldebatte der UN-Vollversammlung eröffnet worden. UN-Generalsekretär Kofi Annan rief in seiner Eröffnungsrede zur Achtung der Grundrechte der Menschen auf. „Die Rechtsstaatlichkeit ist heute auf der ganzen Welt in Gefahr“, sagte Annan. Mehr als je zuvor brauche die Welt „einen wirksamen Mechanismus, um für gemeinsame Probleme nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Dafür ist diese Organisation gegründet worden.“ Die Rechtsstaatlichkeit sei heute weltweit in Gefahr.
Nach UN-Angaben nehmen an der Generalversammlung 62 Staatsoberhäupter, 21 Regierungschefs, 2 Vizepräsidenten, 1 Kronprinz, 12 Premierminister, 91 Außenminister und 1 Vizeaußenminister teil. Den großen Tag läutete Annan mit dem Läuten der „Friedensglocke“ der Vereinten Nationen ein. Der Klang der Glocke sei „eine Quelle der Kraft“, sagte er im Beisein des Ex-Boxweltmeisters Muhammad Ali und anderer Prominenter. Er solle die Welt dazu inspirieren, die kollektive Sicherheit zu fördern, humanitäre Notlagen zu lindern, die weltweite Entwicklung voranzubringen und Toleranz zu ermutigen.
US-Präsident George W. Bush schlug einen Demokratiefonds vor, aus dem sich wandelnde Staaten auf ihrem Weg zu demokratischen Verhältnissen unterstützt werden sollen. Vor allem aber rief er erneut zur Bekämpfung des Terrorismus auf. In diesem Zusammenhang verteidigte Bush abermals den Irakkrieg. Auch Terroranschläge könnten die US-Truppen nicht aus dem Irak oder aus Afghanistan drängen. „Sich nicht zurückzuziehen, bedeutet, letztlich siegreich zu sein.“
In einer separaten UN-Gipfelveranstaltung zur Bekämpfung von Hunger und Armut in der Welt riefen die Staatspräsidenten Frankreichs und Brasiliens, Jacques Chirac und Luiz Inácio Lula da Silva zu mehr Anstrengungen bei der globalen Armutsbekämpfung auf. Chirac schlug nach Vorbild der so genannten Tobin-Steuer vor, die Industriestaaten sollten künftig einen Teil ihrer Globalisierungsgewinne für die Entwicklung der ärmsten Staaten investieren. Lula forderte in seiner Rede das Recht auf einen Arbeitsplatz als Grundrecht ein. Als eine mögliche neue Strategie zur Armutsbekämpfung wurden bei der Konferenz etwa auch Sondersteuern auf Waffenverkäufe vorgeschlagen. In der Abschlusserklärung nannten die Staats- und Regierungschefs die Beseitigung von Armut und sozialer Ungerechtigkeit „überlebenswichtig für Sicherheit und Stabilität“ in der ganzen Welt.