Rafael Chirbes liest im Literaturhaus
: Fremd geworden

Vermutlich ist sie wirklich wahnhaft, menschengemacht: die Vorstellung, totaler Individualismus könne gelingen; jede Ära krankte vermutlich daran. Wahr ist vielmehr – und das belegt auch Rafael Chirbes‘ jüngster Roman „Alte Freunde“, aus dem er jetzt im Literaturhaus liest –, dass immer auch Zeitgeist sowie historische Prägung Persönlichkeit mitgestaltet. Verwerfungen der Franco-Diktatur etwa waren Thema von „Der Fall von Madrid“, der chronologisch den Vorgängerroman „Der lange Marsch“ fortsetzt. „Alte Freunde“ beschließt die Trilogie. Das Treffen derer, die einst gemeinsam Revolutionäre waren, offenbart darin Unterschiede, die tiefer gehen als gedacht: Fremd ist man sich geworden, angepasst in verschiedenen Varianten, Hoffnungen von einst haben sich als Illusionen erwiesen. Innere Monologe prägen den Roman, der sich als vielschichtige Sinfonie verschiedener Stimmen präsentiert. PS

Rafael Chirbes: „Alte Freunde“. München 2004; 240 S., 19,90 Euro. Lesung (Übersetzung: Barbara Mesquita): Di, 28.9., 20 Uhr, Literaturhaus