: Integratives Modell in der Neustadt
Ausgestattet mit Aufsichtsrat und einem allumfassenden Trägerverein hofft die Schwankhalle auf Stabilität
„Neugier e. V.“ heißt der Verein, der die Schwankhalle künftig betreibt. Gleichzeitig gehen die bislang dort selbständig agierenden Organisationen wie Artservnet, Kulturgut und Junges Theater – letzteres unter dem Namen „Alte Liebe“ – im Neugier e. V. auf. Deren bisherige MacherInnen arbeiten fortan als KuratorInnen spezifischer Programmschienen eng verzahnt miteinander. Auch haushaltsrechtlich gibt es eine Verschmelzung: Das Kulturressort summiert die bisherigen Einzelförderungen auf einen einzigen, mit 635.000 Euro an institutionellen Mitteln und 230.000 Euro an Projektgeldern gefüllten Topf. Lediglich die Steptext Dance Company bleibt autonom.
Hintergrund der Neustrukturierung sind unter anderem Querelen mit dem früheren Betreiberverein, in dessen Vorstand es zu unlösbaren Blockaden gekommen war. „Jetzt haben wir ein schon fast beängstigend austariertes Machtgefüge“, sagt Schwankhallen-Mitbegründer Carsten Werner. Alle Gremien seien sorgfältig durch ungerade Besetzungen und dergleichen vor Patt-Situationen gesichert. Die neue Struktur vermeidet auch das – andernorts ebenfalls konfliktträchtige – Spannungsfeld zwischen ehrenamtlichen Vorständen und hauptamtlichen Geschäftsführern: Letztere übernehmen die Vorstandarbeit selbst. Dafür wird erstmals ein siebenköpfiger Aufsichtsrat unter Vorsitz der zuständigen Kulturressort-Referentin Margit Hohlfeld installiert.
Inhaltlich etabliert die Schwankhalle zunehmend Angebote auch für Kinder und Jugendliche, bis auf „Theater für alle“ werden aber auch die bisherigen Festivals und Veranstaltungsreihen fortgesetzt. Nach Einschätzung von Susanne von Essen, zuständig für diese Programmschiene, hat die Schwankhalle „mittlerweile eher das Image einer Wundertüte statt ‚Ach, wie avantgardistisch‘.“
Zu dieser „Wundertüte“ gehört erstmals ein Urlaubsfonds: Künstler, für die nicht nur das 13., sondern überhaupt Monatsgehälter und dergleichen Utopie sind, können sich „mit einer originellen Begründung“ um eine Ferien-Finanzierung zur Rekreation bewerben. „Damit knüpfen wir partiell an die Forderung nach einer allgemeinen Grundsicherung an“, sagt Werner.
Zudem kann die Schwankhalle jetzt als vorbildlich in Genderfragen gelten: Fünf von sieben Geschäftsführungs- und Kuratorenposten sind mit Frauen besetzt, auch der Aufsichtsrat ist überwiegend weiblich. Noch auffälliger ist freilich der Generationenwechsel: Johanna Melinkat übernimmt die betriebliche, Till Locher die kaufmännische und Anja Wedig die künstlerische Geschäftsführung, während der bisherige Projektentwickler Werner in den Aufsichtsrat wechselt.
Doch auch nach der Neustrukturierung, die innerhalb eines Jahres in einem „sehr anstrengenden, aber kreativen Prozess“ gemeinsam mit dem Kulturressort erarbeitet wurde, muss sich in der Schwankhalle bald wieder einiges neu sortieren: Der Einzug des „Kino 46“ in den kleineren der beiden Veranstaltungssäle gilt als beschlossene Sache, doch insbesondere „baufachliche Fragen“, auch die räumliche Umorganisation des bisherigen Schwankhallenbetriebes werden nach Angaben des Ressorts noch zirka ein Jahr in Anspruch nehmen. HENNING BLEYL