: Anlegerschutz verbessern
Am 1. Juli 2005 tritt das neue Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes in Kraft. Schon jetzt weisen Verbraucherschützer auf Mängel hin. Grauer Kapitalmarkt ist ein beliebtes Feld für Betrüger
VON SIMONE WEIDNER
Geschädigte Anleger können sich künftig nicht mehr darauf berufen, sie hätten nicht gewusst, in welche windigen Beteiligungen oder Unternehmen sie investieren. Im Juli nächsten Jahres tritt das neue Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) in Kraft. Anleger sollen besser aufgeklärt und Aktionäre mehr Rechte bekommen.
Bis zu 30 Milliarden Euro haben Anleger im letzten Jahr Schätzungen zufolge auf dem so genannten grauen Kapitalmarkt verloren. Weil viele Anbieter keinen strengen Zulassungsregeln oder einer behördlichen Aufsicht unterliegen, ist der Markt auch ein beliebtes Feld für Anlagebetrüger. Allein im Jahre 2002 wurden nach Angaben des Bundesfinanzministerium rund 15.700 Betrugsfälle registriert. Für lukrative Renditen investieren Anleger in geschlossene Immobilienfonds, Medien- und Schiffsfonds oder in Unternehmensbeteiligungen, die Steuerersparnisse versprechen. Erst wenn sich die hohen Gewinnchancen nicht realisieren, erkennen viele, dass sie systembedingt auch für die Risiken haften.
Kern des neuen Gesetzes, mit dem zugleich die EU-Marktmissbrauchsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt wird, ist eine Prospektpflicht für nicht in Wertpapieren verbriefte Anlagen. Bisher dürfen Beteiligungsgesellschaften und Fondsinitiatoren ihre Angebote auf den Markt bringen, ohne einen Prospekt aushändigen zu müssen. Künftig muss Anlegern ein Prospekt übergeben werden, der das offizielle Prüfsiegel der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) trägt.
Die neue Kompetenz und Prüfpflicht der Behörde ist nicht unumstritten. Während Verbraucherschützer jetzt schon darauf hinweisen, die rein formelle Prospektprüfung sei unzureichend und schütze Anleger kaum vor unseriösen Angeboten, befürchten Fondsinitiatoren, die neuen Vorschriften könnten zu einer Überregulierung des Markts führen und sich nachteilig auf Steuersparmodelle auswirken. Ausgenommen von der Prospektpflicht sind allerdings Angebote, bei denen der Preis mindestens 200.000 Euro pro Anteil je Anleger beträgt.
Nach den Skandalen um den Neuen Markt Anfang des Jahrhunderts sollen auch Aktionäre mehr Schutz genießen. Das Vertrauen in die Börsenaufsicht ist stark angeknackst. Geprellte Anleger des Neuen Markts klagten bis auf wenige Ausnahmen vergeblich auf Schadenersatz, auch wenn, wie im Fall des IT-Unternehmens Infomatec, die Exvorstände bereits wegen Kursbetrugs und Insiderhandels verurteilt wurden. Diese Lücke wird nun geschlossen: In Zukunft sollen Vorstände oder Aufsichtsräte auch persönlich haften, wenn sie mit falschen Informationen vorsätzlich oder grob fahrlässig die Lage ihres Unternehmens schönfärben und Aktienbesitzer dadurch zu Schaden und Verlusten kommen.
Darüber hinaus müssen Emittenten eine Vielzahl neuer Publizitäts- und Meldepflichten einhalten. So muss neben der Öffentlichkeit auch die BaFin unter bestimmten Prämissen über Insidertatsachen informiert werden. Für Ad-hoc- und Pflichtmitteilungen gelten verschärfte Vorschriften. Außerdem sind relevante Kapitalmarktinformationen der Geschäftsführung des Markts mitzuteilen, an dem gehandelt wird. Bei Verstößen gegen diese Auflagen müssen die jeweiligen Emittenten mit Strafen rechnen.
Über die Einhaltung der neuen Pflichten wacht in Zukunft die BaFin, die mit neuen Rechten ausgestattet direkt dem Bundesministerium für Finanzen untersteht. Damit gibt es in Deutschland erstmals eine direkte Kontrollinstanz für den Wertpapiersektor. Für Emittenten bedeuten die neuen Auflagen einen erheblichen organisatorischen Aufwand. Dennoch hält beispielsweise das Deutsche Aktieninstitut (DAI), das sich seit langem für eine Stärkung der Aktienkultur in Deutschland einsetzt, strikte Vorgaben gegen Kurs- und Marktmanipulation für unerlässlich.