Stevens pfeift auf Fans

Nach dem Pokal-Aus Hansa Rostock beschwert sich Kölns Trainer Huub Stevens über die Pfiffe der Fans. Manager dementiert Gerüchte, wonach Stevens seinen Wechsel zu Schalke provozieren wolle

AUS KÖLNCHRISTIANE MITATSELIS

Da war er wieder, dieser Blick, den man ansonsten nur von genervten Raubtieren im Zoo kennt. Huub Stevens schaute am Mittwochabend ganz besonders giftig in die Journalistenrunde. „Wir sind draußen, ich kann Rostock nur gratulieren“, sagte der Trainer des Zweitligisten 1. FC Köln, dessen Mannschaft kurz zuvor in der zweiten Pokalrunde 5:7 nach Elfmeterschießen gegen den klassenhöheren FC Hansa Rostock verloren hatte. Nach einer kurzen Pause fuhr Stevens fort und schimpfte über die Kölner Fans, die „eigene Spieler vom Platz gepfiffen hätten“. Der Holländer weiter: „Das geht so nicht, darüber werde ich mit dem Präsidenten reden. Aber ich weiß ja, woher es kommt.“ Schweigen im Pressesaal. Was wollte Stevens damit sagen? Der Mann steht immer unter Strom, das ist bekannt.

Ein kleiner Piekser kann Eruptionen hervorrufen. Wenn Stevens die Contenance verliert, dann nennt er schon mal einen Journalisten, dessen Fragen ihm nicht gefallen, „Du Arschloch“. So geschehen nach dem 3:2 der Kölner in Aachen am vergangenen Sonntag. Und nun das. Fordert Stevens ein Pfeifverbot im RheinEnergie-Stadion? Oder womöglich ein Schreibverbot für die boshaften Journalisten, die den Fans auch noch die Vorlagen für ihre Pfiffe liefern? Auf Nachfrage wurde Stevens nicht konkreter, suchte schnell das Weite. Mit extrem genervtem Gesichtsausdruck.

Es ist das skurrile Ende eines großartigem Pokalabends im Kölner RheinEnergie-Stadion. Bei Dauerregen hatte der FC sein bestes Spiel seit langem gezeigt, zeitweise richtig schön kombiniert. Gegen zehn Rostocker (Möhrle sah die Rote Karte, da er einen Kölner Torschuss auf der Linie per Hand abgewehrt hatte), konnten die Kölner eine 3:2-Führung aus der 65. Minute nicht verteidigen, kassierten noch in der regulären Spielzeit den Ausgleich. Die Kölner hatten aber gekämpft, sich in der zweiten Halbzeit deutlich gesteigert – und Torchance um Torchance vergeben. Der überragende Rostocker Keeper Matthias Schober, der am Ende die Elfmeter von Lukas Podolski und Christian Lell hielt, hatte aber auch schon in der regulären Spielzeit und Verlängerung brillante Paraden gezeigt. Kurzum: Die Kölner hatten zu wenig Glück.

Doch was wollte Stevens nun sagen? Es war nichts Ungewöhnliches geschehen. Zur Halbzeit hatte es 1:2 gestanden, der FC war dafür – nicht besonders laut – ausgepfiffen worden. Es soll auch die Auswechslung des zuletzt etwas unglücklichen Christian Springer gefordert worden sein – aber so leise, dass es nicht jeder im Stadion mitbekam. Soll Wolfgang Overath den Fans also künftig per Präsidenten-Edikt und bei Androhung von Strafe die Unmutsäußerungen untersagen? „Nein“, sagt Manager Andreas Rettig. „Es wird bei uns kein Pfeifverbot geben.“ Stevens Aussage sei auch für ihn überraschend gewesen. Rettig kennt den Trainer, der im Sommer nach Köln kam, aber inzwischen so gut, dass er als eine Art Stevens-Medium fungieren kann. „Er ist nun mal ein sehr emotionaler Trainer“, sagte der Manager. Stevens sei genervt darüber, dass Spieler wie Lukas Podolski in Köln übertrieben gefeiert, und andere, unauffälligere wie Christian Springer nicht entsprechend gewürdigt würden. „Er stellt sich immer vor seine Mannschaft und gibt nicht Einzelnen die Schuld.“

In Köln ist trotzdem bereits das Gerücht aufgekommen, Stevens habe keine Lust mehr, den FC zu trainieren, da ihm ein gut dotiertes Angebot aus Schalke vorliege. Bereitet der Holländer also mit seinen eigenartigen Auftritten den Abgang vor? Medium Rettig sagt wieder „nein“. „Wenn Stevens gehen wollte, dann würde er uns das direkt sagen.“ Stevens sei kein Mann, der schauspielere oder sich verstelle. Und das klingt nun überzeugend. So viel Um-die-Ecke-Denken traut man dem Holländer wirklich nicht zu.