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Archiv-Artikel

filmfestspot

Das Leben ist nicht schwarz-weiß. Es besteht auch nicht aus verschiedenen Grautönen. In erster Linie ist das Leben braun. Zumindest wenn es nach der schwedischen Comedytruppe Killinggänget geht. Ihr Kinofilmdebüt, das eigentlich aus vier verschiedenen Filmen besteht, heißt demnach passenderweise Four Shades of Brown und beginnt mit einer Nahaufnahme von brauner, vor sich hin blubbernder Kloake.

So weit, so abstoßend. Doch es kommt noch schlimmer. In jeder der Geschichten werden die Protagonisten in ihrer Umwelt anfangs so erbarmungslos als Verlierer und Opfer dargestellt, dass die braune Brühe dagegen durchaus attraktiv erscheint.

Da sind zum Beispiel Anna und Christer, deren pubertierender Sohn Morgan den Unterricht verweigert. Damit er wieder Lust aufs Lernen bekommt, nimmt Christer ihn mit zur Arbeit und zeigt ihm stolz, womit er sein Geld verdient: Er ist „das Gesicht“ des örtlichen Tierkrematoriums. Während er im Hochofen herumstochert, entfacht Morgan aus Unachtsamkeit das Feuer und setzt seinen Vater in Brand. Fortan ist von „dem Gesicht“ nicht mehr viel übrig.

Feuerfester, aber ebenfalls tragisch, geht es bei Richard und Tove zu. Als penibler Hotelbesitzer hat Richard nicht eher Ruhe, bis selbst die Sofakissen auf den Milimeter genau passend nebeneinanderstehen. Schon eine harmlose, kitschige Holzstatue, die Tove aufstellen möchte, reicht aus, um ihn an den Rand des Wahnsinns und seine Ehe in eine Krise zu treiben.

Nichts mehr zu leiden hat ein alter Patriarch in der vierten Geschichte: Er ist bereits tot. Doch aus dem Off macht er per Video und Tonbandaufzeichnungen seinen Söhnen und seiner Frau das Leben zu der Hölle, in der er bei seiner Vorgeschichte eigentlich selbst schmoren müsste.

Über drei Stunden wechseln sich im Film bizarre Familienverhältnisse mit absurden Einzelschicksalen ab, schwärzester Humor wird mit beklemmender Tragik gemischt. Die Schauspieler stellen dabei Charaktere dar, die mit ihren oftmals lächerlichen und trotzdem sympathischen Eigenarten noch lange im Gedächtnis bleiben. Und bei aller Düsternis macht Four Shades of Brown auch Hoffnung auf ein Leben außerhalb von Brauntönen. So betont selbst der Patriarch aus dem Jenseits immer wieder mit krächzender Stimme: „Life should be fun!“ Maren Albertsen

Samstag, 20 Uhr, Grindel