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Archiv-Artikel

Hoppla, hier kommt Hartz

ARGE heißt die Arbeitsgemeinschaft, in der Kommune und Agentur für Arbeit sich um die Empfänger des Arbeitslosengeldes II kümmern sollen. Die Rechtsform ist jetzt klar, doch was die ARGE mehr bieten wird als Geld, noch nicht

Bremen taz ■ Schnell muss es gehen mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, denn schließlich soll das Arbeitslosengeld II (ALG II) pünktlich am ersten Januar 2005 ausgezahlt werden. Mit 38.000 so genannten Bedarfsgemeinschaften rechnen die Agentur für Arbeit und das Sozialressort. Damit niemand leer ausgeht, wurde gestern die Gründung der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) von Arbeitsagentur und Kommune auf den Weg gebracht. Die ARGE soll sich ab nächstem Jahr um die ALG II-Empfänger kümmern – ohne dass derzeit klar ist, wie die parlamentarische Kontrolle dieser neuen Gesellschaft aussehen wird. Der ursprünglich vorgesehene fünfköpfige Ausschuss aus der Arbeits- und der Sozialdeputation wird es jedenfalls nicht sein, das wäre nach einer Recherche der grünen Bürgerschaftsfraktion gar nicht zulässig.

„Die Sache ist mit heißer Nadel gestrickt“, kritisiert die Grüne Arbeitsmarktpolitikerin Silvia Schön. Es gebe keine Auskunft darüber, was die ARGE noch für ihre Klienten tun wird – außer ihnen 345 Euro (für Alleinerziehende im Westen) plus Wohngeld zu zahlen. „Was ist mit der Schuldnerberatung, der psychozialen Beratung?“, fragt Schön. „Die soll es weiter geben“, heißt es aus der Behörde, doch in welchem Umfang, das sei noch nicht klar. Helga Ziegert, SPD-Politikerin und Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bremen, verweist auf die nächsten Sitzungen der Deputationen. Dann würde man sich um die zusätzlichen Aufgaben der ARGE kümmern.Auch Frauenberatungsprojekte sollen dabei abgesichert werden.

Private Träger werden wie bisher einen Teil der Aufgaben übernehmen, die Bremer Arbeit GmbH (BAG) etwa wird die Ein-Euro-Jobs vermitteln, mit denen das ALG II mit fünf Euro am Tag aufgebessert werden kann. Auf die Privaten ist die ARGE auch angewiesen, denn bisher steht noch nicht fest, woher die 470 bis 500 Mitarbeiter kommen sollen, mit denen im Arbeitsressort und in der Arbeitsagentur gerechnet wird. 130 will letztere stellen, 200 sollen aus dem Amt für soziale Dienste wechseln.

Relativ sicher ist hingegen schon, wo sie arbeiten werden. Sechs „Jobcenter“ wird es geben, im Zentrum, im Westen, im Norden und im Süden jeweils eins, der Osten bekommt gleich zwei. „Dort ist der Bedarf sehr groß“, sagt die Sprecherin der Sozialsenatorin, Heidrun Ide. Nein, es liege bestimmt nicht daran, dass sowohl die Arbeitsagentur als auch die Kommune die Anlaufstellen zu gleichen Teilen besetzen möchten. Schließlich wird auch die Geschäftsführung brüderlich aufgeteilt: Den Chef stellt die Arbeitsagentur, den Stellvertreter schickt das Amt.

In trockenen Tüchern ist seit gestern vor allem die Rechtsform, in der die ARGE ihre Geschäfte aufnehmen wird. Öffentlich-rechtliche Gesellschaft soll das Kind heißen, die Grünen sind irritiert. „Monatelang war von einer Gesellschaft mit privater Haftung die Rede und vor drei Tagen wird dann plötzlich eine öffentlich-rechtliche aus dem Hut gezaubert, nur weil die SPD momentan aus politischen Gründen emotional davor zurückschreckt, noch eine weitere GmbH zu gründen“, schimpft die Grüne Schön. Die SPD-Politikerin Ziegert hingegen hält die Lösung für „sehr elegant“. Sie verstehe nicht, was die Grünen dagegen hätten, „die fordern doch immer, dass wir keine GmbHs mehr gründen“. Einen Vorteil sieht sie für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst: „Für die ist es leichter, als wenn es eine private Gesellschaft wäre.“

An der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe wird derzeit in allen Kommunen mehr oder weniger unter Hochdruck gearbeitet. Die Jobcenter sind da für alle Sozialhilfeempfänger, die in der Lage sind, mehr als drei Stunden am Tag zu arbeiten und für derzeitige Arbeitslosenhilfeempfänger. Nach einer Übergangszeit wird in Zukunft nach einem Jahr Arbeitslosigkeit das ALG II gezahlt.

Eiken Bruhn