: Angela Steinbach stützt Erika Merkel
Im Streit um das „Zentrum gegen Vertreibungen“ springt die CDU-Chefin dem Verband der Heimatvertriebenen bei
BERLIN taz ■ Gestern referierte Angela Merkel vor einem hauptsächlich von Vertriebenenfunktionären besuchten Kongress der CDU/CSU-Fraktion zum Thema „Bewahrung des gemeinsamen historischen Erbes in Deutschland und Europa“. Zur Problematik der Kultur deutscher Vertriebener als Bestandteil dieses Erbes – so das ihr gestellte Thema – hatte Merkel nichts mitzuteilen. Dafür machte sie deutlich, auf wessen Seite sie im Streit um das Zentrum gegen Vertreibungen steht: Erika Steinbach kann auf sie zählen.
Dreierlei war an Merkels Rede bemerkenswert: Sie hob zum einen den Begriff der „Heimat“ als einen gesellschaftlichen Grundwert hervor, der angesichts von ökonomischer Krise und Staatsverschuldung geeignet sei, Identität zu stiften. An der Idee „Heimat“ festgehalten zu haben, sei ebenso ein Verdienst der Vertriebenen wie ihre Plackerei nach 1945, die nicht immerzu nach Lohn gefragt habe. Das war „eine irrsinnige Leistung“ und auch für heute ein Vorbild.
Zum Zweiten sei es eine genuine Aufgabe nicht nur der Vertriebenen, sondern der Deutschen insgesamt, sich auch an die Schrecken der Vertreibung zu erinnern und sie in den Kontext der großen europäischen Vertreibungen bis hin zu Bosnien und dem Kosovo zu stellen. Weshalb diese Arbeit nicht nur Sache des Bundes der Vertriebenen, sondern auch die der Bundesregierung sein müsse.
Auch nach Gesprächen mit osteuropäischen Journalisten verstehe sie deren Sorgen nicht, so Angela Merkel, dass durch ein solches Zentrum die Verbrechen des NS-Regimes an den osteuropäischen Völkern relativiert werden könnten. Sie sei schließlich in der DDR mit der Überzeugung aufgewachsen, dass die Teilung Deutschlands den Deutschen als Buße für diese Verbrechen auferlegt worden sei. Nichts, schon gar nicht ein Zentrum gegen Vertreibungen, könne die nazistischen Untaten vergessen machen.
Zum Dritten klagte Merkel die Regierung und speziell Kanzler Schröder an, für die Verschärfung der Polemik um das Zentrum gegen Vertreibungen verantwortlich zu sein. Es entspeche dem Stil des Kanzlers, innenpolitische Probleme auf die außenpolitische Ebene zu zerren. Jetzt gelte es, im Verhältnis zu Polen zu einer ruhigen Tonlage zurückzufinden und grundlose Befürchtungen zu zerstreuen. Niemand habe aber das Recht, einem Volk die Erinnerung zu verbieten oder ihm vorzuschreiben, wo diese Erinnerungsarbeit zu geschehen oder zu unterbleiben habe. CHRISTIAN SEMLER