: Raritäten kosten eben etwas mehr
Neuer Mietenspiegel weist dramatische Steigerung weit über der Inflationsrate aus. Altbauten nach wie vor am stärksten gefragt. Senator Mettbach freut sich über „ausgeglichenen Markt“, Mieterverein spricht von 50.000 fehlenden Wohnungen
von GERNOT KNÖDLER
Die Mieten in Hamburg sind in den vergangenen zwei Jahren doppelt so stark gestiegen wie die Verbraucherpreise: 5,1 gegenüber 2,5 Prozent. Nach dem neuen Mietenspiegel, den die Baubehörde gestern veröffentlichte, liegen die Netto-Kalt-Mieten durchschnittlich bei 6,31 Euro pro Quadratmeter. Das ist zwar weniger als in Stuttgart und Frankfurt/Main, wo der Quadratmeter circa 6,50 € kostet. München spielt mit 11,50 € in einer anderen Liga, Berlin ist billiger. Vor allem die Mieten für gut ausgestattete Altbauwohnungen aus der Zwischenkriegszeit und der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sind drastisch gestiegen: um bis zu 15 Prozent.
Ebenfalls überdurchschnittlich gefragt sind Neubauten ab dem Jahr 1988. Wer eine Wohnung aus den Nachkriegsjahren 1948 bis 1977 vermieten möchte, wird sich dagegen möglicherweise schwer tun. Hier fielen die Steigerungen moderat aus, teilweise sind die Mieten sogar gesunken. Die Klinkerbauten und Hochhäuser des damaligen sozialen Wohnungsbaus wirken offenbar wenig attraktiv.
Wenig beliebt scheinen auch Wohnungen in einfacher Wohnlage unter 66 Quadratmetern zu sein. Für das gleiche Segment in guter Lage zogen die Preise kräftig an. Die billigsten Wohnungen – Altbau ohne Bad und Sammelheizung – kosten 3,31 bis 4,06 €. Für die teuersten aus den Jahren 1978 bis 2002 werden 7,01 bis 11,25 € verlangt, sehr große Wohnungen aus den Jahren 1968 bis 1977 kosten 11,39 €.
Der Mietenspiegel erfasst die 460.000 frei finanzierten Wohnungen. Das Institut Analyse&Konzepte wertete dabei Fragebögen zu 9.000 Mietwohnungen aus. Die Daten kamen je zur Hälfte von Mietern und Vermietern. Die Mieten der 150.000 Sozialwohnungen fließen nicht in den Mietenspiegel ein.
Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) zeigte sich erfreut, dass der Wohnungsmarkt an Dynamik gewonnen habe. „Es wurde in den vergangenen Monaten in Hamburg immer das Gespenst einer Wohnungsnot gezeichnet“, sagte der Bausenator. Die Mieter stünden jedoch keineswegs Schlange. Der Mietenspiegel beweise, dass der Markt relativ ausgewogen sei, woran die Vermieter ein berechtigtes Interesse hätten. Die Mietsteigerungen seien im Vergleich zu denen Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre gering.
Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg wies darauf hin, dass damals auch die Inflationsraten nicht so niedrig gewesen seien wie heute. Er machte ein Defizit von 50.000 Wohnungen aus: 920.000 Haushalten stünden lediglich 860.000 Wohnungen zur Verfügung.
Oft teilten sich mehrere Haushalte eine Wohnung, hielt die Baubehörde dagegen, etwa in Wohngemeinschaften oder bei Untervermietungen. Und Mettbach fragte rhetorisch, „ob wir es uns leisten können, 40 bis 50 Prozent der Mieter alleine in 80-Quadratmeter-Wohnungen leben zu lassen“.
Um der Wohnungsnachfrage in der vom Senat proklamierten „wachsenden Stadt“ gerecht zu werden, verwies Mettbach auf neu ausgewiesene Baugebiete, die sich aber einer begrenzten Nachfrage gegenübersehen. Überdies outete er sich als „Fan der Subjektförderung“: Die Förderung des Wohnungsbaus solle umgeschichtet werden in eine Unterstützung der Mieter.
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