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Archiv-Artikel

Kopfloses Hochballspiel

Mit hohen Bällen auf Lokvenc wollte der VfL Bochum ausgerechnet den baumlangen Bremer Meistern beikommen. Was für den VfL in die Hose ging, bescherte Miroslav Klose einen Hattrick

Auch Ruhrpottmeister Peter Neururer passte sich dem simplen Strickmuster an

AUS BOCHUM CHRISTOPH SCHURIAN

Weil sich die Glücksspirale für den VfL Bochum immer weiter drehen soll, wird auch im Ruhrstadion an der Zukunft gewerkelt. Zur Europapokal-Saison wurden die Glühbirnentafeln ausrangiert. Jetzt flimmern dort Videowände, für Lärm sorgt ein hardrocklautes Surroundsystem und fürs Kleingeld ein Sponsor des Spieltags: Das Heimspiel gegen Werder Bremen kaufte sich die BKK, verteilte dazu „Cheerstix“, die aussehen wie riesenwüchsige Zuckertüten und dazu das Zahngesundheitsmotto trugen „Bochum zeigt Zähne“. Doch tatsächlich wurde das Spiel gegen den deutschen Meister fünfzehn Zentimeter höher verloren.

Vor dem „geschichtlichen“ (VfL-Trainer Peter Neururer) Uefacup-Rückspiel gegen Standard Lüttich am Donnerstag verlegte sich der VfL gegen die Werder-Hünen aufs Hochballspiel. So suchte ausgerechnet Bochums Mittelfeldregisseur Dariusz Wosz (1,69) in der 60. Minute im Halbfeld ein Kopfballduell, um an einen der vielen Querschläger des oft grauseligen Fußballspiels zu kommen. Wosz stieß dabei auf den Finnen Petri Pasanen (1,89), der den Ball, aber auch den Hinterkopf des Bochumer Mittelfeldspielers traf. Beide sackten zusammen, blieben zuckend liegen, schließlich wurden die ungleichen Luftkämpfer mit Platzwunden ausgewechselt.

Doch der Abgang des einzigen Bochumer Spielers mit Offensivideen und Passgenauigkeit fand viel früher statt: Bereits nach zwanzig wieselmunteren Minuten verzichtete Woszs Mannschaft auf die Spielkunst ihres Kapitäns. Auch ein enttäuschter Trainer Peter Neururer meinte hinterher, sein Team hätte das Spiel nach 25 Minuten „total verloren“; – denn dann hatten die humorlos wie gradlinig spielenden Werderaner das Bochumer Wirbeln gut im Griff.

Statt es aber weiterhin mit Beweglichkeit und Spielwitz zu versuchen, verlegte sich der VfL, wie schon im Heimspiel gegen Borussia Dortmund, auf hohe Bälle. Torwart Rein van Duinhoven passte also vierzigmal auf Sören Colding und der schlug den Ball vierzigmal hoch hinaus auf Zentralstürmer Vratislav Lokvenc. Obschon der Tscheche das Dauerduell gegen den Ex-Bochumer Frank Fahrenhorst häufig gewinnen konnte, blieben seine Ablagen wertlos. Die beiden VfL-Flügelspieler Christoph Preuß und Tommy Bechmann verbrachten den Großteil der Spielzeit damit, sich zu einigen, wer welche Seite zu besetzen hat. Und selbst Ruhrpottmeistercoach Peter Neururer passte sich dem simplen Strickmuster an: Leicht hätte er das stupide Schlagballspiel auf den harmlosen Center mit dessen Auswechslung beenden können– doch Neururer zog es vor, neue Nebenleute für Lokenc auflaufen zu lassen. Bleibt es beim Schema F wie Flugball kann man dem VfL nur wünschen, dass Stürmer Peter Madsen bald wieder fit ist!

Bremen hat diese Probleme nicht. Stürmer Nelson Haedo-Valdez wurde von Schiedsrichter Hermann Albrecht streng verwarnt. Doch auch wenn Bremens-Trainer Thomas Schaaf den Schiri dafür später scharf kritisierte, brachte er Miro Klose, ein Glücksgriff: Für Klose war das Spiel wie gemalt. Erst passte er einen Abpraller zum Torschützen Tim Borowski – und eine Minute nach dem Bochumer Ausgleich, natürlich per Kopf durch einen Innenverteidiger und zwar Aleksander Knavs, traf er selbst dreimal in Folge und bedankte sich, artig wie er ist, bei der Mannschaft. Ob er nach dem Hattrick am Mittwoch gegen Valencia in der Startelf stehen werde? „Das entscheidet der Trainer“, – brav Klose, ganz brav.

Die Bochumer Mannschaft stellt sich gegen Lüttich am Donnerstag im ausverkauften Ruhrstadion ganz von allein auf: Coach Neururer wird am Kopfsturm festhalten. Warum es dann aber gegen Bremen nicht langte? „Vielleicht liegt das an unserem Spielrhythmus“, rätselte Neururer, „vielleicht lag es daran, dass der Gegner heute einfach besser war.“ – Aber vielleicht lag es einfach nur am Kopf.