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Archiv-Artikel

Big Brother an der Uni

Erstmals wird an der Universität ein Seminargebäude videoüberwacht, nachdem aus diesem Beamer und Computer geklaut wurden. Die Studierenden sind „not amused“, aber der Protest bleibt aus

taz ■ Die Universität investiert in eine neue technische Anlage – und möchte das nicht gerne an die große Glocke hängen. Der Grund: Es handelt sich um ein Videoüberwachungssystem, das in den Frühjahrs-Semesterferien im Seminar- und Forschungsverfügungsgebäude, kurz SFG, installiert wurde. Im Visier sind der Haupteingang des Gebäudes sowie die Türen der Hörsäle. Aus diesen wurden in der Vergangenheit im großen Stil Beamer und Computer geklaut, nachdem die Türen aufgebrochen worden waren.

Damit wird erstmals ein Gebäude videoüberwacht, in dem Studierende ein und aus gehen. Der Informationspflicht kommt die Unileitung mit Hinweisschildern nach. Weitere Uni-Gebäude seien bisher allerdings nicht mit Kameras ausgestattet worden, sagt der Uni-Sprecher Eberhard Scholz. Die Unileitung rechtfertigt sich damit, dass so Diebstähle aufgeklärt oder sogar verhindert werden können. Anscheinend erfolgreich, denn seitdem habe es keine weiteren Einbrüche mehr gegeben, so Scholz.

Doch einige Studierende fühlen sich unwohl mit den Kameras vor den Veranstaltungsräumen. Bei ihrer Vertretung, dem Allgemeinen StudentInnenausschuss (AStA), häufen sich die Beschwerden, sagt der AStA-Vorsitzende Tim Cordßen. Und: „Wir lehnen die Überwachung ab.“ Dennoch seien vorerst keine Aktionen geplant, ergänzt die hochschulpolitische Sprecherin Stefanie Henneke. Noch wisse man nicht, ob die Studierenden sich daran überhaupt beteiligen würden. „Es regt sich Unmut, aber mit von oben verhängten Protesten haben wir schlechte Erfahrungen gemacht.“ Dabei hätten die AStA-Leute allen Grund, sich aufzuregen: Sie wurden in die Planungen nämlich nicht miteinbezogen.

Anders der Personalrat: Ausführliche Diskussionen mit dem Gremium hätten dazu geführt, dass die Überwachung nicht rund um die Uhr stattfindet, sagt der Datenschutzbeauftragte der Universität, Erik Voermanek. Die Kameras würden erst durch einen Bewegungsmelder aktiviert, und das auch nur während der „verkehrsarmen Zeiten“, also in der Nacht, am Wochenende und in den Zeiten, in denen nur noch wenige Seminare stattfinden. Nur drei Personen hätten Zugang zu den Videobändern, und sie dürften sich diese auch nur ansehen, wenn etwas passiert ist. Dabei denkt Voermanek nicht nur an Einbrüche: „Das könnte auch nach einer Vergewaltigung sein.“

Der Uni-Datenschützer gibt an, selbst „Bauchschmerzen“ bei der Entscheidung gegen Wachpersonal und für die Videoüberwachung gehabt zu haben. „Wir erfassen Leute, die nicht erfasst werden müssen“ – nicht nur Studierende, sondern auch Personen, die nur im hauseigenen Café etwas trinken wollen. „Mit den Einschränkungen wird aber verhindert, dass eine Personen- und Leistungskontrolle stattfindet“, sagt Voermanek. „Es geht ja nicht darum, ob Professor X wirklich in seinem Büro war und gearbeitet hat.“ Wer aber am Wochenende oder abends arbeite, der müsse damit rechnen, dass sein Kommen registriert wird.

Doch das ist gar nicht die Sorge des Medienwissenschaftlers Reiner Matzker, der im SFG arbeitet. Er hat generelle Einwände: „Ich bin kein Freund von Videoüberwachung und finde sie gerade in einem akademischen Gebäude äußerst problematisch.“ Ähnlich sieht es der Politikwissenschaftler Daniel Allnoch. Doch seit ihm der Computer und eine DV-Kamera geklaut wurden, kann er der Überwachung etwas mehr abgewinnen. „Das ist nicht so ganz doof, schließlich ist das am Wochenende tot hier.“ Eiken Bruhn