: Schlechte Stimmung bei Karstadt
Auch in Berlin geht die Angst vor Schließungen und Entlassungen um. Betroffen wären vor allem die kleinen Karstadt-Filialen, etwa in Moabit, Schöneberg und Tegel. Heute gibt der Karstadt-Vorstand seinen Sanierungsplan bekannt
Beim angeschlagenen Kaufhauskonzern Karstadt geht die Angst um, auch in Berlin. „Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist gedrückt“, sagt Verdi-Handelsexperte Achim Neumann. Aber es gebe auch die Hoffnung, dass vielleicht alles nicht so schlimm werde. Der schwer in die Krise geratene Konzern will heute sein Sanierungskonzept vorlegen; befürchtet werden ein massiver Stellenabbau und Schließungen ganzer Häuser. Schon morgen sollen die Mitarbeiter auf Betriebsversammlungen über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze informiert werden.
Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff hatte bereits am Wochenende gesagt, es gehe „ums Überleben“. Bundesweit sollen nach Medienberichten rund 8.500 Vollzeitstellen von rund 76.000 abgebaut werden. In Berlin hat der Konzern nach Angaben der Industrie- und Handelskammer rund 8.000 Mitarbeiter. Berlin zählt mit 18 Kauf- und Warenhäusern zu den wichtigsten Standorten des Essener KarstadtQuelle-Konzerns.
Von der Aufgabe bedroht sind offenbar die kleineren Häuser. So sollen laut Spiegel Filialen mit einer Verkaufsfläche von weniger als 8.000 Quadratmetern ausgegliedert werden. In Berlin zählen die Filialen an der Schöneberger Hauptstraße, in Tegel und in Moabit dazu.
Verdi-Mann Neumann spricht von „Fehlern des Managements“. So bestehe der Konzern aus einem Sammelsurium unterschiedlicher Aktivitäten, auch hätten die Verantwortlichen zu spät die Expansion im Ausland gesucht. Allerdings treffe die Krise im Einzelhandel nicht Karstadt allein. Auch Salamander oder Schlecker schlössen Filialen.
Mögliche Forderungen nach Lohnkürzungen, mit denen der Konzern gestützt werden soll, weist Neumann zurück. „Das sehe ich erst mal nicht.“ Akzeptabel sei ein solcher Schritt ohnehin nur dann, wenn das Unternehmen die Sicherheit der Arbeitsplätze für eine bestimmte Zeit garantieren.
Für die Gewerkschaften hat die Krise bei Karstadt eine Bedeutung über den möglichen Verlust von Arbeitsplätzen und Mitgliedern hinaus. Die großen Kaufhäuser sind jener Bereich im Einzelhandel, in denen noch relativ viele Beschäftigte gewerkschaftlich organisiert sind – ganz im Unterschied zu den Discountern oder Filialketten wie H & M. Entsprechend dramatisch wäre es für die Arbeitnehmervertreter, würde ihnen nun auch noch der Kaufhausbereich wegbrechen. RICHARD ROTHER
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