: Wissen will frei sein
betr.: „Open Enteignung“, taz vom 20. 3. 09
Open Access und Google-Buchsuche haben zunächst einmal sehr wenig miteinander zu tun. Der Brockhaus als Zeichen der bildungsbürgerlichen „Gelehrtheit“ schon gar nichts und auch nicht die wissenschaftlichen Publikationen.
Wissen will frei sein. Wenn Wissen nur noch finanziell gut gestellten Menschen zur Verfügung steht, wie es zum Beispiel beim Brockhaus der Fall war, ist dies eine massive Ungleichbehandlung. Wie schön ist es da, heute nicht in einem Buchschinken blättern zu müssen, sondern mit einem Mal im vielgescholtenen Internet auf eine Fülle unterschiedlicher Meinungen zugreifen zu können. Gut, interpretieren und bewerten muss man das jetzt selbst, aber liegt nicht schon darin ein ungeheurer Gewinn?
Der gesellschaftliche Gewinn für uns alle ist natürlich nicht allen recht. Wenn ich bislang ein Monopol auf Information hatte, möchte ich das ungern aufgeben. Genau das lässt sich beobachten, wenn man die Lobbyanstrengungen der Verlage beobachtet. Genau wie in eurem Artikel wird der Untergang des Abendlandes herbeigeredet. Die Erpressung und Entrechtung von Autoren wird beklagt.
Das ist natürlich kompletter Unsinn. Niemand zwingt die Forscher, sich Geld von der DFG geben zu lassen. Aber wenn die Gesellschaft Forschung fördert, hat sie auch Anspruch auf die Ergebnisse. Es leuchtet zumindest mir nicht ein, warum der Nutznießer dieser Forschung zunächst einmal ein Wissenschaftsverlag sein soll, dem, was im Artikel verschwiegen wird, im Allgemeinen auch alle Rechte abgetreten werden müssen. Es ist sogar in manchen Disziplinen üblich, Publikationszuschüsse von den Autoren zu verlangen, die dann aus den Forschungsgeldern bezahlt werden.
Boldrin und Levine haben in ihrem gerade erschienenen Buch „Against Intellectual Monopoly“, das übrigens im Internet heruntergeladen werden kann (www.dklevine.com/general/intellectual/againstfinal.htm) und trotzdem bei Cambridge University Press als Buch erschienen ist, ziemlich viel zu der Problematik geschrieben. Erstaunlicherweise sind das handfeste Wirtschaftswissenschaftler. In dem Buch zeigen sie unter anderem auf, dass Bücher schneller verschwinden, wenn sie urheberrechtlich geschützt sind, wie sich die Entwicklung der Gesellschaft durch „geistiges Eigentum“ verzögert und noch vieles mehr. FRANK P. DIETRICH, Stuttgart