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Archiv-Artikel

Senat nimmt Schluck aus der Pulle

Heute im Senat: Grundsteuer soll ab 2004 um zehn Prozent, Gewerbesteuer um etwa fünf Prozent erhöht werden. Das steht den Bemühungen, Betriebe und Bürger für Bremen zu gewinnen, entgegen, kritisieren Bremens Liberale

Bremen taz ■ „Gift für Bremens Sanierungsbemühungen“, sei das, was der Senat heute beschließen will, sagen die Jungen Liberalen (JuLis): Die Gewerbesteuer soll erhöht werden, um 9,2 Millionen Euro mehr in die Staatskasse zu bringen, und die Grundsteuer (B) soll angehoben werden. Die voraussichtlichen Einnahmen werden auf jährlich zehn Millionen Euro geschätzt. „Eine Erhöhung der Grundsteuer ist kontraproduktiv, wenn man neue Einwohner gewinnen will“, findet Matthias Wieneke vom Landesvorstand der Bremer JuLis. Denn die Grundsteuer trifft zwar zunächst die Hausbesitzer – die sich aber die Abgabe durch erhöhte Mieten wieder holen.

Die Gewerbesteuer trifft Unternehmen – unabhängig von der Ertragslage. Sie gehört daher „abgeschafft statt erhöht“, so der Jungliberale Wieneke. „Es ist doch pervers, dass selbst ein Unternehmen, das keine Gewinne erzielt, für seine bloße Existenzberechtigung eine Steuer entrichten muss.“ Gerade in einer Situation, in der das Haushaltsnotlageland Bremen auf Investoren angewiesen ist, dürfe man diese nicht durch erhöhte Abgaben vergraulen.

Der Senat erklärt, dass die Steuererhöhungen „zur Konsolidierung des Haushaltes“ zwingend erforderlich seien. Mit den Erhöhungen würde sich Bremen im Rahmen der Belastungen in vergleichbaren Großstädten bewegen. Im bremischen Umland liegen die steuerlichen Belastungen allerdings meist niedriger. Bei der Gewerbesteuer etwa, argumentiert die Beschlussvorlage des Senats, sei deren Berechnungsfaktor, der so genannte Hebesatz, in Bremen seit 1985 konstant mit 420 Prozentpunkten. Der Abstand zu den Umlandgemeinden sei in den letzten Jahren durch Anhebungen dieser Gemeindesteuer geringer geworden, lag allerdings im niedersächsischen Durchschnitt im Jahre 2001 nur bei 366 Punkten. Bremen will um etwa fünf Prozent auf 440 Punkte erhöhen.

Die Grundsteuer (B) wurde zum letzten Mal im Jahre 1997 erhöht – von 490 Punkten auf 530 Prozentpunkte. Nach sechs Jahren sei auch in diesem Bereich eine „Anpassung“ notwendig, erklärt das Finanzressort. Von 530 Punkten soll der Hebesatz auf 580 Punkte erhöht werden, das entspricht etwa zehn Prozent. Konkret: Wer für sein „Bremer Haus“ plus Grundstück bisher 385 Euro Grundsteuer im Jahr entrichten musste, wird ab 2004 mit 422 Euro rechnen müssen. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer in den niedersächsischen Gemeinden lag im Jahre 2001 bei 358 Punkten, auch die Grundsteuer ist also im Bremer Umland erheblich geringer.

Selbst Hannover hat derzeit nur 530 Punkte, räumt der Senat ein. Das Argument des Senats, in Bremen gebe es im Vergleich zu anderen Großstädten keine Straßenreinigungsgebühr, weshalb man die Grundsteuer erhöhen müsse, sei absolut unglaubwürdig, findet Wieneke: „Mit dem gleichen Argument ist vor einigen Jahren schon einmal die Grundsteuer erhöht worden.“

Bei der Grundsteuer lag im Jahre 2001 Berlin vorn (600 Punkte), Hamburg mit 490 Punkten schon hinter Bremen. Auch süddeutsche Länder wie Baden-Württemberg und Bayern lagen im Durchschnitt ihrer Gemeinden nur bei 330 Punkten Hebesatz. Klaus Wolschner