berliner szenen Unbesitzbare Bänke

Kieztreff am Boxi

Die vergitterten Bänke sehen wirklich scheiße aus. Schon seit einigen Wochen sind die Sitzgelegenheiten am Boxhagener Platz in Einzelhaft. Weil die Pflastersteine vor den Bänken lose sind, haben ABM-Kräfte die Gefahrenquellen mit Baugittern eingezäunt. Wir sitzen nun auf dem Boden daneben und fragen uns, was man machen kann.

Kumpel 1: „Wenn ich im Lotto gewinne, lass ich als Erstes die Gitter abtransportieren und das Pflaster machen.“ Kumpel 2: „Man muss da nur mal anrufen, beim Bezirksamt, und sagen, dass wir das machen, wenn die uns das Material geben“; triumphierender Blick in die Runde. Kumpel 1: „Wie bist du denn drauf? Das machen die nie, da gibt’s doch gar keine Vorschrift für.“ Schweigen.

Das ist aber auch fies, dass gerade die Bänke mit der besten Sonne nicht besitzbar sind. Wahrscheinlich haben wir auch noch selbst dazu beigetragen. Durch das Scharren vieler Füße hat sich das Pflaster gelöst. Aber die circa vierjährige Wartezeit eines Geisteswissenschaftlers auf die erste Anstellung will halt sinnvoll überbrückt werden. Dass die Parkbänke den akuten Run der derzeitigen Arbeitslosen nicht aushalten – tja, das ist symptomatisch für die ganze Krise.

Inzwischen sind die Pläne der akademischen Bürgeroffensive ausgereift. Mit Material vom bezirkseigenen Bauhof will man sich Freitag treffen, um für menschenwürdige Sitzgelegenheiten am Boxi zu sorgen. Kumpel 1: „Aber nicht ohne Bier und Mucke“; Kumpel 2: „Logo. Was denkst du denn?“ Die Herbstsonne verschwindet hinter den Häusern. Man verabschiedet sich bis zum nächsten Kieztreff. Bezüglich des freiwilligen Arbeitseinsatzes herrscht Schweigen. Zum Glück hat ja keiner gesagt, an welchem Freitag. SILVIA HELBIG