„Wir haben von Rot-Rot mehr erwartet“

Nach zehn Jahren Stagnation in der Drogenpolitik und großen Ankündigungen von SPD und PDS sind ein Drogenmobil und zwei Druckräume ein bescheidenes Ergebnis, meint Uwe Klüppel von der Initiative „Drogenkonsumraum jetzt“

taz: Herr Klüppel, das erste Fixermobil ist gestartet, bald wird es zwei feste Drogenkonsumräume geben. Ist Ihnen nach Jubel zumute?

Uwe Klüppel: Nach zehn Jahren absoluter Stagnation in der Frage ist es gut, dass endlich, ich betone: endlich, auch in Berlin etwas passiert. In Hamburg ist der erste Druckraum vor zehn Jahren eingerichtet worden. Auch Frankfurt, Saarbrücken und Hannover haben schon langjährige Erfahrungen mit dem Ergebnis, dass die Anzahl der Drogentoten in diesen Städten zurückgegangen ist.

Wen machen Sie für die Versäumnisse verantwortlich?

Die alte große Koalition von SPD und CDU war Ideologie pur. Erst durch den Wechsel ist Bewegung in die Drogenpolitik gekommen.

Geblockt wurde zu Zeiten der großen Koalition doch vor allem vom SPD-geführten Landesdrogenreferat. Die Bezirksverordnetenversammlungen von Charlottenburg, Tiergarten, Kreuzberg und Schöneberg treten schon lange für Druckräume ein.

Das kann man so sagen. Das Landesdrogenreferat hat lange gemauert und mit seiner ablehnenden fachpolitischen Haltung der Politik die Legitimation gegeben.

Verwundert es Sie nicht, dass im Landesdrogenreferat immer noch dieselben Leute am Hebel sind?

Durch die Verlagerung des Ressorts weg von Jugendsenator Klaus Böger hin zu Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner ist Bewegung in die Drogenpolitik gekommen. Im Drogenreferat hat es einen Lernprozess gegeben mit dem Ergebnis, dass die Sache heute auch von dort unterstützt wird.

Ist das jetzt wirklich ein Durchbruch?

Jein. Ein Drogenmobil und zwei Läden sind kein Versorgungsmodell. Das ist zu wenig und reicht bei weitem nicht aus, um die Heroinabhängigen – in Berlin wird die offene Drogenszene auf 2.000 Leute geschätzt – zu versorgen. Es geht ja nicht nur um den medizinischen Aspekt, sondern auch darum, die Abhängigen mit Beratungs- und Hilfsangeboten nach der Devise „Einstieg zum Ausstieg“ zu erreichen. Dafür reichen die Öffnungzeiten von jeweils vier Stunden täglich pro Laden in Moabit und Kreuzberg nicht aus.

Ist auch am Wochenende geöffnet?

Nein. Erfahrungen in Hamburg zeigen, dass Drogenkonsumräume am Wochenende nicht aufgesucht werden. Da wird offenbar woanders gefixt.

Steht die Finanzierung?

Wir gehen davon aus, dass die Finanzierung für das Mobil und die zwei Läden mit insgesamt 344.000 Euro für 2004 und 2005 steht.

Zum Schluss noch ein Wort zu Klaus Wowereits Mexiko-Reise. Dort hat der Regierende Bürgermeister eine Liberalisierung von Cannabis abgelehnt und sich bei den fortschrittlichen Berliner Drogenpolitikern ziemlich unbeliebt gemacht.

Dass ist ein echter Schuss vor den Bug von Knake-Werner. Von einem Berliner Modellprojekt zur Abgabe von Cannabis in Apotheken – wie es Grüne und FDP fordern – ist Knake-Werner ja schon abgerückt. Von einem rot-roten Senat haben wir uns insgesamt etwas mehr gewünscht.INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE

Uwe Klüppel, 46, (Grüne) ist Mitglied der Initiative „Drogenkonsumräume jetzt“, eines Zusammenschlusses von Anwohnern, SPD-, PDS- und Grünen-Anhängern drogenbelasteter Bezirke