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Archiv-Artikel

An den Problemen der jungen Leute dran

Özlem Demirel (20) ist das jüngste Mitglied des neuen Kölner Stadtrats. Die angehende Studentin, die aus der Türkei stammt und für die Offene Liste der PDS in den Rat einzieht, will Jugend und Bildung zu ihrem Schwerpunkt machen

Ungefähr jeder zehnte Kölner hat Schätzungen zufolge seine familiären Wurzeln in der Türkei. Dafür ist der türkischstämmige Teil der Kölner Bevölkerung im neu gewählten Rat der Stadt eher unterrepräsentiert. Eine Ausnahme ist Özlem Demirel, die für die PDS/Offene Liste erstmals in das Stadtparlament eingezogen ist.

Die demokratischen Sozialisten hatten sich vor der Wahl bei der Suche nach Verbündeten auch um eine Migrantenorganisation bemüht, die Förderation der demokratischen Arbeitervereine (DIDF). Die heute zwanzigjährige Demirel, die fünf Jahre im Bundesvorstand der DIDF-Jugendorganisation hinter sich hat, wurde gefragt, ob sie für den Rat kandidieren wolle. Sie wollte. Auf Listenplatz 2 gelang ihr, die selbst kein Mitglied der PDS ist, der Einzug in den Rat.

„Sie hat Erfahrung in Außerparlamentarischer Opposition und Gremienarbeit“, lobt PDS-Ratsherr Jörg Detjen seine neue Kollegin. Die künftige Ratsfrau, die im Alter von fünf Jahren aus der Türkei in die Bundesrepublik kam und ab Oktober in Bonn Komparatistik, Politikwissenschaft und Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte studiert, kann in der Tat schon Einiges an politischen Aktivitäten vorweisen: Fünf Jahre im Landesvorstand der LandesschülerInnenvertretung Nordrhein-Westfalen, vier Jahre in der Bezirksschülervertretung Köln, dazu die Arbeit bei DIDF.

Bildung und Jugend – das sind auch die Themen, die Demirel im Rat bearbeiten will. Auf jeden Fall will sie für ihre Liste in den Jugend- und Schulausschuss. Ihr Alter – mit ihren zwanzig Jahren wird sie das jüngste Ratsmitglied sein – sieht sie dabei als Vorteil: So sei sie eher an den Problemen der jungen Leute dran, sagt sie.

Auch in der Migrationsarbeit wird sie aktiv bleiben. „Wir müssen vor Ort gegen die Probleme vorgehen“, sagt Demirel. Und fordert kostenlose Deutschkurse für Migranten, gerade in „sozialen Brennpunkten“ wie Chorweiler. „Verschiedene Kulturen zusammenbringen“, „das Zusammenleben stärken“, das ist es, was sie gegen Rassismus und Ausgrenzung setzt. Darum ging es ihr schon bei DIDF. Die Gruppe organisiert türkische und kurdische Migranten und setzt sich für das Zusammenleben zwischen Türken, Kurden und Deutschen ein.

Dass sie im Kölner Rat neben Arif Ünal von den Grünen die einzige türkischstämmige Abgeordnete ist, führt sie einerseits darauf zurück, dass viele Parteien zwar Migranten auf ihren Listen aufgestellt haben, aber zumeist auf hinteren, chancenlosen Plätzen. Andererseits sei aber auch das Wahlrecht daran schuld, das viele Kölner ausschließt, die keinen deutschen Pass haben oder nicht aus einem anderen EU-Mitgliedsland kommen. „Alle, die hier leben, sollten auch wählen können“, findet sie.

Dirk Eckert