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Archiv-Artikel

Israelische Luftangriffe auf Gaza

Nach palästinensischem Überfall, bei dem drei israelische Soldaten bei Ramallah getötet wurden, greifen israelische Flugzeuge Gaza-Stadt an und töten dabei drei Hamas-Aktivisten. US-Sonderbeauftragter Wolf kehrt vorerst nicht in die Region zurück

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Bei drei Luftangriffen innerhalb von weniger als vier Stunden auf die Stadt Gaza starben drei Aktivisten des militanten Hamas-Flügels. Über 20 Passanten, darunter 4 Kinder, wurden verletzt. Einen „Krieg gegen Gaza“ nannte die Onlineausgabe der auflagenstärksten israelischen Tageszeitung Jediot Achronot den massiven Luftangriff von gestern Morgen. „So wird keine Ruhe erreicht werden können“, kommentierte der palästinensische Regierungschef Ahmed Kurei (Abu Ala) die jüngste Militäraktion. Die palästinensischen Vorwürfe, Israel wollte den Dschihad-Führer Abdallah Schami exekutieren, wurden in Jerusalem abgestritten. Am Vortag waren drei israelische Soldaten bei einem Überfall im Westjordanland getötet worden.

Die der Fatah nahestehenden Al-Aksa-Brigaden hatten die Verantwortung für die Schüsse auf die Soldaten übernommen, die bei der Stadt Ramallah zu Fuß unterwegs waren. Die Täter konnten entkommen. Wer eine Verbindung zwischen dem palästinensischen Überfall und der israelischen Militäroperation sucht, so kommentierte Ofer Schelach von Jediot Achronot, „muss enttäuscht werden“. Denn auf der gegnerischen Seite gebe es „weder Ordnung noch Organisation“, sondern nur „zahllose Zellen, die so viel Gewalt wie nur möglich produzieren“. Drei Jahre Intifada hinterließen auf der „anderen Seite ein Tohuwabohu, in dem jeder tut, was er kann“.

Erst vor gut einer Woche nahm Abu Ala die zunächst auf 30 Tage beschränkte Regierungszeit seines Notstandskabinetts auf. Höchste Priorität haben erklärtermaßen der Waffenstillstand und der Dialog mit dem militanten Widerstand. Gegenüber Journalisten in Ramallah erklärte der Regierungschef, dass die israelischen Militäraktionen die Verhandlungen unterminierten. Hamas und Dschihad hatten eine Feuerpause stets an eine Einstellung der israelischen Invasionen, Exekutionen und Häuserzerstörungen geknüpft.

Bei wiederholten Vorstößen der Armee in ein Flüchtlingslager im südlichen Gaza-Streifen waren in den vergangenen Tagen 17 Palästinenser erschossen worden, hunderte wurden obdachlos. Offizieller Grund für die Operation mit dem Namen „Wurzelbehandlung“ ist die Zerstörung von Tunneln, durch die aus Ägypten Waffen geschmuggelt wurden. Der Hinterhalt in Ramallah kam offenbar nicht überraschend. Aufgrund von nachrichtendienstlichen Informationen, die auf einen verschärften Kampf gegen Siedler und Soldaten in den Palästinensergebieten deuten, hatte Verteidigungsminister Schaul Mofas mehrere Bataillone mobilisiert. Zwei Minister aus dem rechts-nationalen Lager forderten erneut, Palästinenserpräsident Jassir Arafat des Landes zu verweisen.

„Die Spuren führen zur Muqataa (Arafats Amtssitz)“, meinte Arbeits- und Sozialminister Swulun Orlev, weil die Täter der Fatah, der Partei Arafats, nahestünden. Es bleibe Israel „deshalb keine andere Wahl, als Arafat zu exilieren“. Premierminister Ariel Scharon hatte indes kürzlich erstmals seit der entsprechenden Kabinettsentscheidung erklärt, dass Maßnahmen gegen Arafat derzeit nicht zur Debatte stünden.

Angesichts der unklaren Machtverhältnisse in Ramallah, so die offizielle Begründung, wollen die USA vorläufig nicht ihren Sonderbeauftragten John Wolf in die Region zurückschicken. Wolf war beauftragt, die Umsetzung des Nahost-Friedensplans „Roadmap“ zu beaufsichtigen. Vorige Woche waren bei einem Attentat drei US-Amerikaner im Gaza-Streifen ums Leben gekommen. Eine gemeinsame US-amerikanisch-palästinensische Kommission untersucht derzeit die Hintergründe.