piwik no script img

Archiv-Artikel

WDR-Lokalzeit: „Qualität auf jedem Niveau“

Der WDR feiert in Dortmund 20 Jahre lokales Fernsehen – und erklärt die Regionalisierung zum Zukunftsprojekt. Von Wissenschaftlern kommt nur leise Kritik. Intendant Fritz Pleitgen will die Zusammenarbeit der Redaktionen verbessern

DORTMUND taz ■ Ab 18 Uhr rauschen die schwarzen Limousinen der Ober- und der Bürgermeister, der Land- und Rundfunkräte auf das Gelände der ehemaligen Zeche Zollern II/IV, jetzt ein Industriemuseum: In Dortmund feiert der Westdeutsche Rundfunk am Mittwochabend 20 Jahre Regionalfernsehen, 20 Jahre Lokalzeit. Vorher soll gearbeitet werden: In der Diskussionsrunde „Fernsehen nah dran. Die Zukunft liegt in der Region“ versuchen sich Programmmacher und Medienwissenschaftler in „Standortbestimmung und Zukunftsentwicklung der Regionalberichterstattung“.

Wie schon der Titel der Veranstaltung macht auch Intendant Fritz Pleitgen (SPD) bereits in seinem Eingangsstatement klar, dass sich die öffentlich-rechtlichen Journalisten keine unmittelbaren Sorgen machen müssen: Der Ex-Auslandskorrespondent schwärmt von den Einschaltquoten „um 20 Prozent“, die seine „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Region, die ich sehr schätze“, täglich einfahren.

Dennoch will Pleitgen die Arbeit vor Ort massiv verändern. Sein Projekt ist die „Trimedialisierung“ – jeder WDR-Journalist soll künftig für Radio, Fernsehen und Internet arbeiten können. Gestartet wird das Projekt in den Studios vor Ort: Auch Organisation und Planung der verschiedenen Sendungen soll besser koordiniert werden. Ein endgültiger Termin steht aber noch nicht fest. Ein Masterplan werde „gerade in den Gremien beraten“, so Harald Brand, WDR-Chefredakteur für die Regionalprogramme, zur taz. Die Kölner Zentrale wird dagegen nicht umstrukturiert: Dazu müsse er „den ganzen WDR abreißen und neu bauen“ lassen, klagt Indendant Pleitgen – über die Stadt verteilt unterhält der Sender allein in Köln 18 Gebäude.

Nur leise Kritik kommt in der ersten „Standortbestimmung“ zwischen WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf und Medienwissenschaftlern: Ausgerechnet Wolfgang Thaenert, Direktor der hessischen Landesanstalt für den privaten Rundfunk, hofft auf „mehr Respektlosigkeit gerade gegenüber Politikern“, der Dortmunder Journalistik-Professor Ulrich Pätzold stört sich an den „festen Formaten“, wünscht „jüngere Präsentationsformen“ – und legt nach: „Recherchieren sie besser und nicht nur das, was täglich anfällt.“ Deppendorf, verantwortlich für das Gesamtprogramm, verteidigt die Kollegen vor Ort: „Wir können nicht in jeder Lokalzeit drei oder vier selbstrecherchierte Geschichten haben.“ Ein „bisschen mehr“ Recherche als derzeit könne aber sein, räumt der WDR-Fernsehdirektor ein – „darauf werden wir achten“. Will Teichert von der Hamburger Akademie für Publizistik gibt dennoch nicht auf: „Qualität gibt es auf jedem Niveau.“ Im Gegensatz zu den oft unterbezahlten Printkollegen habe der WDR „andere Möglichkeiten, einen ganz anderen Rahmen“, mahnt er: „Nutzen Sie die.“

Lebhafter dann das zweite Podium: Dietrich Leder von der Kölner Kunsthochschule für Medien hofft „ganz einfach auf besseres Programm“, verweist auf den mit 63 Jahren erschreckend hohen Altersdurchschnitt der Zuschauer – und den „nicht optimalen Zuschnitt der lokalen Sendegebiete“: Obwohl Chefredakteur Brand in einem Interview das „Zusammenwachsen der Städte an Rhein und Ruhr“ beschreibt, ist die programmatische Dreiteilung des Reviers in die WDR-Studios Dortmund, Essen und Düsseldorf wieder kein Thema. Ex-Kanzlerberater Peter Glotz, derzeit am Institut für Medien im schweizerischen St. Gallen, verweist auf die Gebührendiskussion: „Die Zeiten werden härter.“ Für die Zukunft aber wünscht sich Brand dennoch – „mehr Geld“. ANDREAS WYPUTTA