Atomkraft hat Zukunft

betr.: „Atomkraft? Keine Chance!“, „Atomstromer holen Schwung“, „Das Potemkin’sche Dorf heißt jetzt EPR“, taz vom 28. 9. 04

Das sind ja höchst erfreuliche Neuigkeiten, die einmal mehr beweisen, dass linke (Kohle) wie rechte (Atomenergie) Energielobbyisten die Veränderungen hin zu regenerativen Energien nur bremsen aber nicht dauerhaft aufhalten können. Natürlich bleibt dabei zu hoffen, dass nicht auf den letzten Drücker durch verantwortungsloses Preis- und Qualitätsdumping weitere SuperGAUs das Erbe der Kernspaltung dauerhaft im menschlichen Genom verankern … wir haben ja schon lange ein viel größeres Problem mit den strahlenden Altlasten als mit den noch laufenden Mailern.

ALEXANDER GOTTWALD, Peiting

In den taz-Artikeln behauptet der Pariser „Atomkraftspezialist“ Mycle Schneider, dass weltweit kaum Atomkraftwerke gebaut würden, und weiter wird behauptet, „die Atomkraft ist als Zukunftstechnologie mausetot“. Das ist sein Wunschdenken und nicht die Realität.

In den USA haben bereits 25 Kernkraftwerke die Genehmigung für 60 Jahre Betriebszeit erhalten (die deutschen Kernkraftwerke sollen nach durchschnittlich 32 Jahren stillgelegt werden). Die US-Atomaufsicht hat einen neuen 1.100-MW-Westinghouse-Reaktor genehmigt, der für eine Betriebszeit von 60 Jahren ausgelegt ist. Weltweit sind 29 Kernkraftwerke im Bau, 32 in der Planung und 72 vorgeschlagen. Der neue Reaktor EPR, der in Finnland gebaut wird, ist die kostengünstigste Lösung, auch im Vergleich zu Erdgas. Die Schweizer Bürger haben sich im Mai 2003 in einer Volksabstimmung mehrheitlich für die Kernenergie ausgesprochen, Schweden hat das älteste Kernkraftwerk (Oskarshamn 1) für weitere 20 Jahre modernisiert, Großbritannien braucht nach Meinung von Branchenexperten 45 neue Kernkraftwerke, um die Kioto-Ziele zu erreichen.

Der Weltenergierat rechnet für die nächsten 40 bis 50 Jahre mit einer Vervierfachung der Zahl der Kernkraftwerke in der Welt (Weltenergiekongress in Sydney im September 2004). Schließlich engagiert sich der Vorstandsvorsitzende des Windkraftanlagenherstellers REpower, Prof. Fritz Vahrenholt, immer wieder für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke, denn es müsse Zeit gewonnen werden, bis die alternativen Techniken wirtschaftlich werden. Und das kann noch lange dauern. […] LUDWIG LINDNER, Marl

Wenn Atomenergie keine Chance mehr in Europa hat, wie in der taz vom 28. 9. zu lesen war, fragen wir uns, warum der Euratom-Vertrag Anhang in der EU-Verfassung ist. Und warum hat die EU-Kommission kürzlich der Förderung von sechs Milliarden Euro für den Atomkraftwerksbetreiber British Energy aus dem britischen Haushalt zugestimmt? Diese Meldung haben wir der österreichischen Presse entnommen und fragen uns, ob deutsche Medien die Gefahr einer „Renaissance der Atomenergie“ herunterspielen wollen.

Wie Greenpeace Österreich befürchten wir, dass die EU-Entscheidung als „Vorbild“ für andere staatliche Unterstützungen in ganz Europa wirken könnte. „Von der französischen EdF über den Temelin-Betreiber CEZ bis hin zur Slovenske Elektrarne mit Mochovce und Bohunice könnten sich jetzt die Schleusen zu noch mehr Steuergeldern öffnen.

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass bei der Privatisierung von British Energy das Unternehmen dazu verpflichtet wurde, einen Fonds einzurichten, der das Haftungsrisiko für die Abwrackung von alten Kraftwerken und für die Endlagerung von Atommüll abdeckt. British Energy konnte diesen Fonds nicht ausreichend bedienen, deswegen half die britische Regierung dem finanziell angeschlagenen Atomstromriesen mit dem Zuschuss, der nun von der Kommission akzeptiert wurde. Die EU-Entscheidung ist in Verbindung mit dem Euratom-Vertrag zu sehen, der der Atomindustrie eine Sonderstellung gegenüber dem EU-Wettbewerbsrecht gibt. Deshalb ist der Euratom-Vertrag für die Industrie so wichtig. Wir fordern die Streichung des Euratom-Vertrags in dem EU-Verfassungsentwurf und die Implementierung des Beschlusses des Deutschen Bundestags vom 12. März 2003, dem zufolge der Euratom-Vertrag auslaufen sollte! ANNETTE GROTH attac-EU AG Region Stuttgart