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Archiv-Artikel

Kindersklaverei Kampf mit modernen Mitteln

Internet wichtiger als Brunnen

„In Dörfern, in denen es Radio oder sogar Internet gibt, gibt es weniger Sklaven.“ Mit diesem Statement überraschte Klaus Heidel von der Heidelberger „Werkstatt Ökonomie“ vergangene Woche manche ZuhörerIn in der Villa Ichon. Der Referent zum Thema „Kindersklaverei“ ging sogar weiter: Teilweise sei ein Internetzugang sogar wichtiger als ein Brunnen. Heidel koordinierte 1998 in Deutschland die Aktivitäten zum globalen Marsch gegen Kinderarbeit.

Ein Internetanschluss hätte vielleicht auch Nageshwar helfen können, der als 22-Jähriger heute in einem indischen Heim zur Rehabilitierung von Kindersklaven lebt. Sieben Jahre lang musste er als Schuldknecht Sklavenarbeit leisten, nachdem seine Eltern ihn gegen ein Darlehen an einen Teppichknüpfer gegeben hatten. „Wenn er einen Fehler machte, wurde er mit Werkzeugen geschlagen. Sein Tageslohn waren zwei Fladen Brot und etwas Salz“, berichtete Heidel. Der Junge war damit nur einer von geschätzten rund 100.000 Kindersklaven in Indien. Weltweit wird ihre Zahl auf 15 Millionen geschätzt.

„Eine Arbeit wird dann zur Sklaverei, wenn ein Kind gegen seinen Willen zur Arbeit gezwungen und verkauft wird“, sagt Heidel. Armut sei oft ein Auslöser, aber nicht der einzige. Auch ein schlechtes Bildungs- und ein korruptes Rechtssystem sowie in Indien besonders das Kastenwesen begünstigten Kindersklaverei. Ebenso westliche Konsuminteressen: Als Europäer zu Beginn der 90er Jahre billige Teppiche aus Indien nachfragten, stieg die Zahl der ausgebeuteten Kinder sprunghaft.

Umso bedeutender sei es, die Kindersklaverei öffentlich zu verurteilen, sagte Heidel. Eine Ächtung durchzusetzen, erfordere aber auch ein schärferes Strafrecht, bessere Bildung oder das Registrieren Neugeborener. Alle diese Forderungen könnten durch das Internet transportiert werden – und so auch kleine, abgelegene Dörfer erreichen. „Per E-Mail könnte die ganze Welt über skandalöse Fälle informiert und um Hilfe gebeten werden“, glaubt Heidel. Vor Ort wiederum hätten Kritiker im Web Informationen zu Gesetzestexten und Internationalen Vereinbarungen.

Manuela Gutberlet

www.woek.de oder www.antislavery.org.