: BND beobachtet PDS
Der Bundesnachrichtendienst zieht auf das Gelände des Stadions der Weltjugend nach Mitte. Das haben Wowereit und Strieder beschlossen. Die PDS wurde nicht gefragt und hat nun ein Problem
von UWE RADA
Es war Geheimdiplomatie vom Feinsten, die Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und sein Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (beide SPD) da betrieben. Seit August haben beide mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesnachrichtendienst einen Standort für das neue BND-Quartier in Berlin gesucht. Nicht öffentlich natürlich und auch ohne den Koalitionspartner, die PDS, zu informieren.
Nun haben sie ihn gefunden, auf dem Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend. Das haben der Staatssekretär im Buneskanzleramt, Frank-Walter Steinmeier und Berlins Justizsenatorin Karin Schubert (beide SPD) am Montag den Beschäftigten des Geheimdienstes bekannt gegeben. Blöd nur, dass die Sozis in ihrer Geheimniskrämerei wieder vergessen haben, den Koalitionspartner zu informieren. Der hat nun ein Problem.
„Ich sehe das mit zitronensaurem Gesicht“, sagte gestern Kultursenator Thomas Flierl (PDS) der taz. „Es ist ärgerlich, dass eine solche Entscheidung nicht im Senat abgestimmt wurde.“ Zwar haben Flierl und Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) ihren Ärger auf der gestrigen Senatssitzung zum Ausdruck gebracht. Aber da war schon klar gewesen, dass es in dieser Frage keinen Bewegungsspielraum mehr gibt. Alles sei abgestimmt mit der Bundesregierung, so der Regierende und sein Geheimsenator Strieder. Bis 2008 ziehe der BND nach Mitte.
Ein Problem hat die PDS aber nicht nur, weil man sie so geschickt ausmanövriert hat. Ein Problem ist auch die Entscheidung selbst. Ein Neubau für 3.500 Schlapphüte samt allen Sicherheitsvorkehrungen ist für den Kultursenator auch „städtebaulich eine prekäre Sache“. „Damit ist die Belebung zwischen Mitte und Wedding ebenso gestorben wie der Pankegrünzug“, sagt Flierl. Er weist aber auch darauf hin, „dass die PDS jede Ansiedlung einer Bundesbehörde in Berlin ausdrücklich begrüßt“.
BND ja, aber nicht dort, das ist auch die Argumentation des stadtentwicklungspolitischen Sprechers der PDS-Fraktion, Gernot Klemm. „Da ersetzt man eine Brache nur durch eine andere.“ Klemm fordert nun zu prüfen, ob es nicht doch noch Ersatzstandorte gebe. Doch das scheint vergebliche Liebesmüh.
Der BND hat nach Informationen der taz andere Standorte wie etwa die Hangars des Flughafens Tempelhof abgelehnt. Sie würden nicht den Sicherheitsanforderungen entsprechen. Genau solche Argumente sind es, die Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) einen „Hochsicherheitstrakt“ an der Chausseestraße fürchten lassen. Da die Strieder-Verwaltung aber angekündigt habe, das Verfahren an sich zu ziehen, habe der Bezirk keine Möglichkeit mehr, das Vorhaben zu verwindern. „Entscheidend“, sagte Zeller zur taz, „ist nun das Votum im Abgeordnetenhaus.“
Und damit steht die PDS vor dem eigentlichen Problem. Lehnt sie eine Änderung des Flächennutzungsplans zugunsten des BND zusammen mit den Grünen und einigen CDU-Abgeordneten ab, wäre das das Ende der rot-roten Koalition. Stimmt sie aber zu, wäre es eine Aufforderung an die Geheimdiplomaten Wowereit und Strieder, den Koalitionspartner weiter an der Nase herumzuführen.
Nicht nur in der Senatskanzlei und im Kanzleramt beobachtet man die PDS deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit, sondern auch in Pullach bei München. Ob die Geheimdienstler aus Bayern nun im schicken Mitte arbeiten dürfen, hängt schließlich von den Postkommunisten ab.
Da dürfte man mit einiger Erleichterung zur Kenntnis genommen haben, dass PDS-Fraktionschef Stefan Liebich gestern schon mal die Rolle des Franz Müntefering übte: „Ich fürchte, Berlin kann den Wunsch des BND, sich in Mitte anzusiedeln, nicht ablehnen“, sagte Liebich im taz-Interview.