Wer strahlt lauter?

Mit 160.000 Ticketverkäufen will das Übersee-Museum Ende 2004 die Kunsthalle besucherstatistisch überholt haben. Derweil bleibt das Foyer weiter öde

Bremen taz ■ Der Wettkampf wird härter. Es gilt, Leuchtturm für Bremens Kulturhauptstadtbewerbung zu werden. Mit diesem inoffiziellen Titel, der für überregionale Beachtung kultureller Aktivitäten verliehen wird, sind Geldzuwendungen und Renommee verbunden. Im Spannungsverhältnis der Bremer Musentempel hat sich jetzt das Übersee-Museum (ÜSM) als Leuchtturm unter Leuchttürmchen präsentiert: 160.000 Ticketkäufer (50 Prozent Kinder und Jugendliche) werde man dieses Jahr erneut zählen können, sagte gestern ÜSM-Direktorin Wiebke Ahrndt. Damit werde man die Kunsthalle überholen, die 2003 mit 202.000 Besuchern noch am beliebtesten war.

In Bremen wäre das Haus damit Top 1. Unter Deutschlands Natur- und Völkerkunde-Museen nähme es den zweiten Platz ein – nach dem Frankfurter Senckenberg-Museum (275.000 Besucher jährlich). So gut habe sich die neu gestaltete Ozeanien-Ausstellung überregional vermarkten lassen.

Schlecht vermarktet wird weiterhin das Museums-Foyer: schäbige Leere statt stimmungsvollen Entrees. Das bundesweit einmalige Provisorium, verklebte Fenster statt Gastronomie und Museumsshop, feiert im November einen traurigen ersten Geburtstag. Monatlich entgingen dem Museum aber nur etwa 2000 Euro an Pacht, so ÜSM-Geschäftsführer Dieter Pleyn. Frühestens im Sommer 2005 rechnet er mit einer Wiedereröffnung der Restauration. Zuvor müsse das Foyer behindertengerecht umgebaut werden. Dafür seien die Haushaltsmittel aber erst spät bewilligt worden.

Weitere Erfolgsmeldung: Laut einer Umfrage unter 80 Prozent der ÜSM-Besucher seit März 2004 kämen 70 Prozent von außerhalb, so Ahrndt. 2003 seien es noch 60 Prozent gewesen. Ein Fünftel der Besucher habe Anfahrtswege von über 200 Kilometern in Kauf genommen. Leuchtturmfunktion also erfüllt: Menschen den Weg nach Bremen gewiesen – die im ÜSM-Erdgeschoss allerdings seit acht Wochen auf die Asienabteilung verzichten müssen.

Bremen als Eigentümerin der Immobilie renoviert die 1.900 Quadratmeter Ausstellungsfläche für vier Millionen Euro. Die im Design der „Ozeanien“-Schau gestaltete Neupräsentation ist zu Weihnachten 2005 vorgesehen. 1,7 Millionen an Eigenmitteln stehen dazu bereit. Die exquisitesten Stücke der ostasiatischen Sammlung reisen derweil durch japanische Museen für Gegenwartskunst.

Des weiteren hat der Bremer Senat beschlossen, das ÜSM bis zum Kulturhauptstadtjahr 2010 komplett zu sanieren – inklusive Neugestaltung der Dauerausstellungen im 1. und 2. Obergeschoss, Aufhübschung der Fassade, Einbau museumspädagogischer Räume und Verdopplung der Sonderausstellungsfläche auf 800 Quadratmeter. Den Kostenplan von 22 Millionen Euro haben Pleyn und Ahrndt bereits auf Drängen der Behörden um 5,4 Millionen Euro gesenkt. Verzichtet wird auf Renovierung der Büros, Labore, Treppenhäuser – und auf den Einbau einer Videoüberwachung. fis