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Archiv-Artikel

KERRYS AUSSENPOLITISCHE IDEEN GEBEN WENIG ANLASS ZUR HOFFNUNG Konzepte des Flip-Floppers

US-Präsident Bush hatte bei der ersten Fernsehdebatte mit seinem Herausforderer John Kerry in einem Punkt Recht, den er ständig wiederholte: Bei ihm weiß man, was man hat. Das ist es ja gerade.

Dass die erste Debatte mit dem Schwerpunkt Außenpolitik ein inhaltliches Highlight werden würde, konnte niemand erwarten. Schließlich werden, so das allgemein gültige Credo, die Kandidaten nicht nach ihren Argumenten beurteilt, sondern nach ihrem Auftreten, ihrer Schlagfertigkeit, ihren Fehlern. Tatsächlich aber schaffte es der von Bush stetig als „Flip-Flopper“ denunzierte John Kerry, Grundzüge seiner zukünftigen Außenpolitik klarer zu machen, als es ihm bislang im Wahlkampf gelungen war, und Bush damit erheblich unter Druck zu setzen.

Kerrys wesentliche Message ist: Die US-Politik muss intelligenter sein und die Partner, ja die Außenwelt überhaupt, ernster nehmen und zu überzeugen suchen. Im Übrigen sollte sie sich auf den Krieg gegen den Terror konzentrieren, von dem Bush mit seinem Irakkrieg abgewichen sei. Steht Kerry also für den Beginn einer neuen Etappe US-amerikanischen Multilateralismus? Zweifel sind angebracht. Vermutlich wären europäische Regierungen zwar bereit, stärker mit einer Kerry-Regierung zu kooperieren, allein schon aus der Hoffnung, so ein Quäntchen Einfluss auf die Entscheidungen des Weißen Hauses zu erlangen.

Gerade diese Hoffnung jedoch ist unrealistisch, nicht zuletzt deshalb, weil Kerry für bestimmte Konzessionen an die europäischen Partnerländer die Mehrheiten zu Hause fehlen würden. Weder für den Beitritt zum Kioto-Protokoll noch zum Internationalen Strafgerichtshof würde Kerry, selbst wenn er das wollte, eine Mehrheit im Kongress erhalten – dies übrigens selbst dann nicht, wenn die Republikaner die Kontrolle beider Kammern knapp verlieren würden, was kaum vorzustellen ist.

So bleibt vor allem der Eindruck, dass eine Außenpolitik unter Kerry weniger ideologisch, pragmatischer und intelligenter wäre – wenn auch nicht weniger vom Bewusstsein der militärischen Stärke geprägt. Ein Anlass zu übertriebenen Hoffnungen ist das nicht. BERND PICKERT