: Berliner Studis bitten Hamburg um Hilfe
Grün-Alternative Liste soll dafür sorgen, dass Verfahren gegen Berliner Demonstranten eingestellt werden
Am Wochenende wird die Hamburger Grün-Alternative-Liste (GAL) Post bekommen. In einen offenen Brief wird die GAL als Hamburger Regierungspartei aufgefordert, sich für die Rücknahme der Anzeigen gegen 25 Berliner Studierende einzusetzen. Sie hatten sich Ende Mai 2006 während der Proteste gegen die Einführung der Studiengebühren durch den damals von einer CDU-Alleinregierung gestellten Hamburger Senat an einem Go-in in der Hamburger Landesvertretung in Berlin beteiligt. Unterzeichnet ist der offene Brief von zahlreichen Studierenden, aber auch vom emeritierten Politologieprofessor Peter Grottian, dem langjährigen grünen Europaabgeordneten Frieder Otto Wolf und dem Allgemeinen Studierendenausschuss der Oldenburger Universität.
„Wir wollten dem Leiter der Vertretung einen offenen Brief übergeben, in dem wir uns gegen Studiengebühren aussprachen“, erklärte eine Teilnehmerin die damalige Aktion. Doch stattdessen wurde die Eingangstür verriegelt, die Polizei gerufen und Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet.
Widerspruch vor Gericht
Mit den in den folgenden Monaten verschickten Strafbefehlen gingen die Betroffenen unterschiedlich um. „Während ein kleiner Teil bezahlte, legte die Mehrheit Widerspruch ein“, berichtet Jörg Schneider vom Berliner Solidaritätskomitee. Einige Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten endeten mit Einstellungen und Freisprüchen, andere aber auch mit Verurteilungen. Eine Studentin wartet noch immer auf den Gerichtstermin.
Das Land Hamburg könnte mit einer Rücknahme der Anzeigen die Verfahren nach fast zwei Jahren beenden, nennt Jörg Schneider einen Grund für den offenen Brief. Die GAL sei der Adressat, weil sie in der Opposition solche Proteste unterstützt habe.
Auch der Hamburger Landessprecher der Studierenden in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Fredrik Dehnerdt, hält den offenen Brief für richtig. „Die Strafverfahren gegen die Studierenden hätten weder eingeleitet noch so lange geführt werden dürfen“, betont er gegenüber der taz. Die GAL ist für ihn wegen ihrer politischen Ideale auch der richtige Adressat, sagt Dehnerdt, der als studentisches Mitglied im Akademischen Senat der Hamburger Universität sitzt.
GAL reagiert verhalten
Die innenpolitische Sprecherin der GAL, Antje Möller, hält es auch heute noch für falsch, auf gewaltfreie Protestaktionen mit den Mitteln der Justiz zu reagieren. Sie bezweifelt allerdings, dass der offene Brief in dieser Angelegenheit das richtige Mittel ist. In dem konkreten Fall bleibe auch der GAL nur die Möglichkeit, durch Gespräche mit dem Koalitionspartner auf eine Rücknahme der Anzeigen zu drängen. Das sei allerdings kein Thema für die große Öffentlichkeit. Deswegen wollte Möller auch zu konkreten Initiativen ihrer Fraktion in dieser Angelegenheit keine Stellung nehmen.
Diese Bedenken teilt Jörg Schneider nicht. „Ein öffentliches Bekenntnis der GAL zur einer Verfahrenseinstellung wäre ein Zeichen für eine Entkriminalisierung zivilgesellschaftlichen Protests“. PETER NOWAK