zwischen den rillen : Akkurater, sentimentaler Rap
Wäre Porz in den 70ern nicht eingemeindet worden – es stünde in Sachen Beats und Rhymes noch deutlich schlechter um Köln. Mit Hamburg, Stuttgart oder Berlin hat die Domstadt eh nie mithalten können; zumindest in Porz, wo alles so richtig schön ghetto ist, entwickelte sich aber schon Anfang der 90er eine kleine deutschsprachige Szene. Von Anfang an dabei: Alexander Terboven alias „Tatwaffe“. Zunächst mit „Das Duale System“, spätermit „Die Firma“. Ende der 90er, als deutscher HipHop eine zeitlang die hiesige Popkultur dominierte, war „Die Firma“ sogar für Top 10 Platzierungen gut und brachte Köln erstmals „on the map“.
Ausgerechnet jetzt, wo Deutschrap eigentlich nur noch von homophoben Berliner Maskenträgern à la Sido in den Charts gehalten wird, kommt Tatwaffe in gesetztem Alter mit seinem ersten offiziellen Solo-Album daher. „Volltreffer“ hat der MC sein Werk in Hoffnung auf eine sich selbst erfüllende Prophezeiung betitelt. Zumindest die Länge des Albums (75 Minuten/ 18 Tracks) pustet einen ziemlich weg. Insgesamt zeigt sich Tatwaffe aber von seiner weniger angriffslustigen Seite. Klar, die obligatorische Reviermarkierung darf natürlich nicht fehlen („So wie die meisten rappen, kling ich nach neun Heineken“), gerne befasst sich Alexander Terboven aber auch mit den philosophischeren Lebensaspekten („Das Leben ist wie die Bibel, du musst auch zwischen den Zeilen lesen“). Und dann gibt es da jede Menge Oden an die einzig wahre Frau, die offensichtlich „zeitlos schön wie Marilyn Monroe und Brigitte Bardot“ ist, weshalb es dem Mann auch gar nicht schwer fällt „die Finger von den Groupies“ zu lassen. Die andere Frau fürs Leben ist lediglich Oma, Gott habe sie selig. Da vergießt Tatwaffe schon auch mal das ein oder andere Tränchen und verspricht: „Ich bin mit 100 noch dein Enkelkind“.
Rappen kann Tatwaffe übrigens ziemlich gut. Schnell und akkurat kommen die Worte tatsächlich wie aus der Pistole geschossen, auch wenn in Sachen Metrik und Reimschemata ein bisschen mehr Variationsreichtum gut täte. Die Tracks sind vor allem durch pathetische Streicherarrangements gekennzeichnet, die untermalen sollen, dass es Tatwaffe hier – verdammt noch mal – ernst meint.
Oliver Minck
„Volltreffer“ von Tatwaffe ist erschienen auf No Limits/Sony LC 04023