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Archiv-Artikel

Wenn der unbekannte Vater stirbt

Haben Eltern ihre Kinder im Stich gelassen, müssen die nicht unbedingt für deren Bestattung aufkommen, sagt das Bremer Verwaltungsgericht. Dennoch lässt es im Einzelfall Milde walten – und reduziert den Preis

Trotz zerrütteter Familie: Kinder zahlen wenigstens einen Teil der Bestattung

von Ebbe Volquardsen

Wenn die Eltern sterben, sind es im Normalfall die Kinder, die für deren Bestattung aufkommen müssen. Was aber, wenn ein Vater stirbt, der seine Tochter mehr als 20 Jahre lang nicht sehen wollte? So geschehen im Fall von Silke K. Am 8. Februar 2003 verstarb in Bremen der Vater der jungen Frau aus Niedersachsen.

Zuletzt hat Silke K. ihren Vater im Jahr 1983 gesehen. Damals war die heute 27-Jährige noch nicht einmal eingeschult. Der Vater verließ die Familie und kümmerte sich fortan nicht mehr um Silke und ihren Bruder. Er zahlte keinen Unterhalt und unterschlug monatelang das Kindergeld, das eigentlich der Mutter zugestanden hätte, bei der die Kinder fortan aufwuchsen. Die Familie lebte dann von Sozialhilfe. Dass Silke K. nicht für die Bestattungskosten ihres Vaters aufkommen wollte, ist verständlich. Doch genau das verlangte die Stadt Bremen von der jungen Frau.

Wenn jemand stirbt und niemand die Bestattung veranlasst, ordnet die Stadtgemeinde die Beisetzung nach zehn Tagen amtlich an. Zuständig ist dafür das Institut für Rechtsmedizin. Zu zahlen haben nach dem Bremer Gesetz über das Leichenwesen die Hinterbliebenen – weswegen Silke K. eine Rechnung über 1.253 Euro bekam. Dagegen legte sie Widerspruch ein. Am Donnerstag verhandelte das Bremer Verwaltungsgericht in der Sache.

Billigkeitsentscheidungen, nach denen den Angehörigen die Bestattungskosten erlassen werden könnten, sehe das Bremer Leichenrecht nicht vor, argumentierte die Stadtgemeinde. Ein Irrtum, befand dagegen das Gericht. Weil im Leichengesetz nichts über mögliche Härtefälle stehe, greife hier das bremische Gebühren- und Beitragsgesetz, nach dem Kostenerlasse in besonderen Fällen möglich sind.

Falsch am Bescheid der Stadt sei auch, dass für die Bestattung Mehrwertsteuer berechnet wurde. Das sei nur gerechtfertigt, wenn die Behörden eine Leistung selbst ausführten und in Konkurrenz mit der freien Wirtschaft stünden. Da die Stadtgemeinde aber jede Beisetzung von Bestattungsunternehmen ausführen lassen muss, bestünde hier keine Wettbewerbsverzerrung und die Steuer hätte nicht berechnet werden dürfen.

Die Stadt willigte ein, den Bescheid und die Rechnung an Silke K. zurück zu nehmen. Nun soll die Sache neu geprüft werden. Das Verfahren wurde eingestellt. Dass Silke K. am Ende gar nichts für die Bestattung ihres Vater zahlen muss, ist nach Einschätzung des Gerichts aber dennoch unwahrscheinlich. Eine vollständige Kostenerlassung gebe es meist nur dann, wenn es um schwere Verbrechen wie sexuellen Missbrauch gehe. „In ähnlichen Fällen wie diesem haben sich Gemeinde und Angehörige die Kosten geteilt“, so der Richter.