Harter Junge in der Bronx

Zum Entsetzen aller Yankees-Fans gewinnen die Außenseiter von den Florida Marlins in New York Spiel sechs der World Series mit 2:0 und sind der neue Baseball-Champion

Dass man auch im Alter von 72 Jahren noch dazulernen kann, bewies am Samstag Jack McKeon, Baseball-Manager bei den Florida Marlins. Anders als in Spiel drei der World Series gegen die New York Yankees in Miami, wo er seinen exquisiten Pitcher Josh Beckett im achten Inning vom Feld holte und dessen Ersatzleute die Partie komplett vergeigten, ließ er den 23-Jährigen diesmal bis zum Schluss werfen. Beckett ließ sich nicht lumpen und pitchte im Yankees-Stadium in der Bronx einen Shutout. Nur fünf Hits ließ er in den neun Innings zu, mit 2:0 gewannen die Marlins das Match und mit 4:2 die World Series. Das entscheidende Aus, ein Abklatschen gegen Jorge Posada, vollbrachte Beckett höchstselbst und wurde verdientermaßen zum „Most Valuable Player“ der Serie gewählt.

Dabei hatte ihm sein Pendant auf Yankees-Seite, Andy Pettitte, kaum nachgestanden, ließ aber in sieben Innings zwei Punkte zu. Ein Spiegelbild der gesamten Serie, in der die Marlins meist ein kleines Quäntchen besser waren, ein bisschen mehr Glück hatten und vor allem weniger Defensivfehler begingen. Außerdem schafften sie es mehrfach, knappe Führungen über die Zeit zu bringen – gerade gegen die Yankees keine leichte Aufgabe. Das Schlüsselmatch war Spiel vier in Miami, als die Yankees die Serie mit 2:1 anführten, im letzten Inning einen beträchtlichen Rückstand aufholten und in der Verlängerung doch noch verloren. Danach war es vorbei mit ihrer Herrlichkeit. „Sie haben besser Baseball gespielt als wir“, lobte New Yorks Bernie Williams den neuen Champion, „sie haben es verdient zu gewinnen.“

Eine Tatsache, die vor allem der gestrenge Yankees-Besitzer George Steinbrenner, dessen Team mit 180 Millionen Dollar den weitaus höchsten Etat der Liga hat, mit großem Missfallen betrachten dürfte. Nahezu jeder, der einen Posten in der Organisation hat, ob Spieler, Trainer oder – vor allem – Manager Joe Torre, muss nun um seinen Job zittern, denn Steinbrenner hasst Niederlagen wie die Pest und er ist ein Mann der schnellen Tat. „Es wird Veränderungen geben, da bin ich sicher“, sagte Andy Pettitte am Samstag, bevor er frustriert mitteilte: „Im Moment ist mir einfach nur schlecht.“

Strahlende Gesichter gab es auf der anderen Seite. Nach einem völlig misslungenen Start in die Saison hatte sich Teambesitzer Jeffrey Loria ein derartiges Happy End nicht träumen lassen. Für den Kunsthändler aus Manhattan, der die Marlins im letzten Jahr erwarb, nachdem ihm zuvor die Montreal Expos gehört hatten, war es ein besonderer Spaß, den Titel in seiner Heimatstadt zu gewinnen.

Ähnliches gilt für Jack McKeon, der aus New Jersey stammt. „Egal, ob Sieg oder Niederlage, ich wollte die World Series im Yankees-Stadium spielen“, sagte der passionierte Zigarrenschmaucher, dem nach über 50 Jahren im Baseball schließlich die Krönung seiner Laufbahn gelang. Erst während der Saison zu den Marlins gekommen, schaffte McKeon mit seiner Philosophie vom Gute-Laune-Baseball den Umschwung, hievte das Team gerade noch in die Play-offs und machte am Ende alles richtig. Zum Beispiel mit der Entscheidung, am Samstag nach nur drei Tagen Ruhepause Josh Beckett zu bringen. „Das ist ein echt harter Junge“, lobte sogar George Steinbrenner den Pitcher. Gut möglich, dass man Beckett bald im Yankees-Trikot sieht. MATTI LIESKE