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Archiv-Artikel

Perlen schmücken den Erfolg

Handel boomt dank Großimporten aus China. Einstiger Großmutterschmuck avanciert zum Symbol der Geschäftsfrau

FRANKFURT taz ■ Der Mittelstand erzählt heutzutage keine Erfolgsgeschichten, Vankadari Narasimhan ist die Ausnahme. Der Inder lebt hier seit 43 Jahren und importiert Perlen im großen Stil. Die schimmernde Branche boomt, sagt er, in einer „blühenden Nische“.

Das Erfolgsgeheimnis lüftete sich auf der Feier zum zehnjährigen Jubiläum im Hinterhof seines Direktverkaufs im noblen Frankfurter Westend: Zum Umtrunk kamen keine Geschenke machenden Männer, sondern ausschließlich Frauen. Der einstige Großmutterschmuck ist wieder en vogue, ein Statussymbol, nicht zum Ballkleid, sondern tagsüber als Kette über dem Rolli. Mit den passenden Ohrsteckern signalisiert er einerseits dezent, andererseits teuer: „Ich bin erfolgreich.“ Dass Perlen laut Volksmund „Tränen“ bedeuten, ist überholt. Diesen Ruf verdankten sie der strengen Kleiderordnung des 16. und 17. Jahrhunderts, die selbst den Schmuck bei Beerdigungen reglementierte: Gold und Juwelen waren verboten, Muschelkugeln nicht.

Umsatzzahlen verrät der Händler nicht. Er importiert seine Ware vorwiegend aus China. Die Volksrepublik, etliche kleinere asiatische Länder, aber auch Mexiko, haben die klassischen Perlenexporteure Japan und Australien aus dem Feld geschlagen. Sie produzieren vor allem Massenware, gewonnen aus riesigen Süßwassermuscheln.

Die Herstellung von Zuchtperlen in China hat eine 2.000-jährige Tradition, erzählt Narasimhan. Die Chinesen verkauften die Orient- oder Basra-Perlen über indische Händler bis nach Europa. Im Maoismus gerieten Perlen als Luxusprodukt in Verruf, Wasser für den Obst- und Gemüseanbau war wichtiger. Mit der wirtschaftlichen Lockerung wurden sie wieder zum Erwerbszweig der Reisbauern. Denn Perlmuscheln gedeihen in den Bewässerungsgräben der Felder und in Zuchtanlagen. Die Massenproduktion wird offiziell auf 500 Tonnen jährlich beziffert, inoffiziell dürften es wohl eher 1.000 Tonnen sein. Narasimham beliefert unter anderem einen großen Kaffeeröster mit preiswertem Schmuck, „den sich auch Schülerinnen leisten können“. Diese Perlen sind keine Spitzenklasse, schnell produziert mit großem Kern, der der Muschel implantiert wird und um den sich bis zur Ernte nur eine dünne Schicht des Perlmutts legt.

Große, runde Perlen sind noch immer teuer. Der Preis richtet sich nach der Größe des künstlichen Kerns, nach Durchmesser, Farbe und Lüster. Am Ende aber, sagt Narasimhan pragmatisch, sei „alles Kalziumkarbonat“. Der Stoff aus dem auch Kreide besteht – nur mikroskopisch klein kristallisiert.

Das kann ganz schön teuer sein. In einer Vitrine liegt das Prunkstück der Kollektion. Die kurze Kette mit den wachteleigroßen, weißen Kugeln kostet 49.000 Euro. HEIDE PLATEN