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Archiv-Artikel

Schlamperei unter dem Sattel

Ludger Beerbaum hat sein Pferd mit einem verbotenen Medikament behandeln lassen – das Mannschaftsgold von Athen muss wahrscheinlich zurückgegeben werden

HAMBURG dpa ■ „Das alles ist natürlich eine absolute Katastrophe für unseren Sport“, sagte Ludger Beerbaum. Deutschlands erfolgreichster Springreiter übernahm am Wochenende in einer ganzen Serie von Interviews die wesentliche Verantwortung für den Dopingfall seines Pferdes Goldfever, der die deutsche Springreiter-Equipe voraussichtlich die olympische Goldmedaille von Athen kosten wird. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) kündigte am Samstag an, die Untersuchung der B-Probe zu beantragen.

Doch die Hoffnung, dass die zweite Analyse ein anderes Ergebnis bringt als die am Freitag bekannt gewordene erste, ist gering. Bei Goldfever war der verbotene, in einer Salbe enthaltene Wirkstoff Betamethason entdeckt worden. Bei seinen Mannschaftskollegen Christian Ahlmann, Otto Becker und Marco Kutscher hat sich Beerbaum entschuldigt. Das Trio wird wahrscheinlich auf Platz drei zurückgestuft. Kutscher rückt als Einzel-Vierter auf den dritten Rang vor, falls dem irischen Olympiasieger Cian O’Connor ebenfalls Gold aberkannt wird. Dessen Pferd Waterford Crystal war in Athen auch positiv getestet worden. O’Connor sollte am Samstag bei einer landesweit im TV übertragenen Veranstaltung zum irischen Mann des Jahres gekürt werden – die Feier musste abgesagt werden.

Ludger Beerbaum will nun alles tun, um seinen Fall „rücksichtslos aufzuklären“. Klar ist bis jetzt, dass Goldfever wegen eines „Ekzems im Fesselbogen“ im Verlauf der Saison etwa 20-mal mit der Salbe behandelt worden sei. Doch weder Reiter noch Haus-Tierarzt noch Pflegerin seien auf den Gedanken gekommen, die Medikamentierung in Athen dem Weltverband anzumelden. Vieles deutet auf einen Fall von Schlamperei hin.

Neben Beerbaum („Ich bin kein Doper“) steht auch die bereits wegen eines Regelverstoßes in Athen bestrafte Vielseitigkeitsreiterin Bettina Hoy unter Dopingverdacht. Wie im Fall Beerbaum soll auch bei Hoys Pferd Ringwood Cockatoo eine unerlaubte Medikation vorgenommen worden sein. Bettina Hoy hatte durch eine Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) noch in Athen die Olympiasiege in der Einzel- und Mannschaftswertung verloren.

„Die Dopingvorwürfe gegen Ludger Beerbaum und Bettina Hoy sind katastrophal für den gesamten deutschen Sport und besonders imageschädigend für die Reiterei in unserem Land“, sagt Manfred von Richthofen (Berlin), Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB). „Ich kann nicht verstehen, wie erfahrene und gestandene Sportler, aber auch Ärzte so leichtfertig mit der Verabreichung von Medikamenten umgehen, ohne zuvor die internationalen Gremien von der Notwendigkeit in Kenntnis gesetzt zu haben. Das ist eine ausgesprochene Dummheit, die unserem Sport, der ja Vorreiter für die Sauberkeit sein will, arg zusetzt.“

Den ersten großen Dopingfall hatte die FN im vergangenen Jahr mit der Dressurreiterin Ulla Salzgeber in Göteborg, dann folgte die positive A-Probe der Springreiterin Meredith Michaels-Beerbaum beim Weltcup-Finale im April in Mailand.