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Archiv-Artikel

KOPFPAUSCHALE GEGEN BÜRGERVERSICHERUNG Vertrauen ist die Währung

Das Vertrackte an der Diskussion um Bürgerversicherung oder Kopfpauschale ist: Die Argumentation hängt stets an Zahlen. Und die kommen reichlich willkürlich daher. Kein Zweifel, dass die Experten, die für Rot-Grün an der Bürgerversicherung oder für die CDU an der Kopfpauschale rechnen, ihr Handwerk verstehen. Jedenfalls wird man ihnen nur schwer das Gegenteil nachweisen können.

Es ist sicher nötig, dass die Wissenschaftler konkret vorrechnen, was die Politiker beabsichtigen. Aber wie glaubwürdig ist es, wenn die Bürgerversicherer ermitteln, was es den Staat kostet, Beamte bis 2030 oder 2040 aus der Privatversicherung herauszuholen? Und wie glaubwürdig ist es, wenn die Kopfpauschalisten erst vorrechnen, warum die Verkäuferin mit 1.250 Euro Bruttolohn gar nicht belastet wird – bis sie dann die Kleinigkeit einer zusätzlichen privaten Krankengeldversicherung erwähnen?

Die Bewältigung des Zahlensalats wird durch die schwankende Aufmerksamkeit des Wahlbürgers nicht leichter: Der interessiert sich erst einmal für nichts, was so schwierig nachzuvollziehen ist. Dann aber macht er seine Zustimmung davon abhängig, ob er draufzahlen muss oder nicht, und verlangt, auf den Cent genau darüber aufgeklärt zu werden. Diesem Bedürfnis kommen die Experten mit Tabellen entgegen, die Verteilungswirkungen belegen sollen: Aha, die Verkäuferin mit zwei Kindern kommt mit 3 Euro mehr, der Manager ohne Familie mit 10 Euro weniger heraus. Doch solchen Rechenspielen sollte niemand aufsitzen. Denn beim Umbau des Gesundheitssystems sind einfach zu viele Variablen im Spiel.

Zur Orientierung bleiben dem Laien nur die Eckwerte der Erfahrung: Wie wahrscheinlich ist es denn, dass Rot-Grün eine Reform gegen die Beamten durchsetzt? Und wie wahrscheinlich ist es, dass die CDU über Steuern ebenso viel von oben nach unten umverteilt, wie es das jetzige System schafft? Die Entscheidung zwischen Bürgerversicherung und Kopfpauschale ist letztlich eine Frage des Vertrauens. Und das ist eine rare Währung.

ULRIKE WINKELMANN