: Für Geld und gute Worte
Senat verspricht Neuenfelde das Ende der Fahnenstange: Nach der allerletzten Airbus-Erweiterung gibt es Bestandsgarantie. Im Angebot sind auch Ersatzflächen für Obstbauern, die Umgehungsstraße am Ortsrand aber soll gebaut werden
von Sven-Michael Veit
Der Bürgermeister streckt alle verfügbaren Hände aus: „Nach dieser letzten Erweiterung ist Schluss“, verspricht Ole von Beust (CDU), danach gebe er „eine definitive Bestandsgarantie für Neuenfelde“. Zwar wisse auch er nicht, „was in 30 Jahren ist“, aber in einem „kalkulierbaren Zeitraum“ werde es zu „keiner weiteren Verlängerung“ kommen. Darauf gebe er sein „Wort“, und wenn die Betroffenen das „vertraglich zu regeln wünschen, können wir das auch“.
Mit Geld und vielen guten Worten versuchten gestern Senat und Airbus-Konzern, die Verlängerung der Start- und Landebahn im Flugzeugwerk Finkenwerder zu retten. Ein neues Angebot soll die Obstbauern im südlich angrenzenden Dorf Neuenfelde, die ihre für die Werkserweiterung benötigten Grundstücke nicht verkaufen wollen, doch noch von diesem „notwendigen Industrieprojekt“ überzeugen.
Durch eine Garantie für die „Zukunftssicherung“ soll Neuenfelde, so von Beust und sein Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) „in seinem Bestand gesichert bleiben“ und für „die traditionelle Obstwirtschaft ausreichend Flächen zur Verfügung stehen“. Zur „Existenzsicherung“ erhalte jeder Landwirt, „der das will, Ersatzflächen in unmittelbarer Nähe, so dass der Betrieb fortgeführt werden kann“.
Mit der jetzigen umstrittenen Pistenverlängerung sei „der Bedarf des Unternehmens erfüllt“, so der Bürgermeister: „Es gibt keine Geheimpläne für eine neue Erweiterung.“ Etwaige künftige Wünsche von Airbus werde „die Stadt nicht unterstützen“ – sofern die geplante Ortsumgehung Finkenwerder südlich der verlängerten Piste, am nördlichen Dorfrand von Neuenfelde, realisiert werden kann. Zudem solle die projektierte Autobahn A 26 von Stade nach Hamburg „so weit wie möglich südlich“ des Dorfes entlang führen, um die Obstäcker „möglichst schonend zu umgehen“.
Parallel zu den schönen Worten aus dem Rathaus bot Airbus gestern Neuenfelde drei Millionen Euro an, mit denen die EinwohnerInnen in Eigenregie ihr Dorf schöner machen könnten (siehe Texte unten).
Im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal der Landespressekonferenz im Rathaus zog der Bürgermeister einleitend alle verbalen Register. Seines „vollsten Verständnisses“ versicherte er die Neuenfelder, die „ihre Heimat bewahren“ wollten. „Vollkommen legitim“ sei deren Haltung, schließlich dürfe „jeder für seine Interessen kämpfen“. Aber das „Hamburger Interesse“, das „nationale“ gar am Airbus-Werk und den „Tausenden von Arbeitsplätzen“, die dort entstehen sollen, sei letztlich doch auch „im Interesse der Neuenfelder“, beschwor von Beust.
Ohne die verlängerte Start- und Landebahn aber sei alles in arger Gefahr. „Mehr als fraglich“ sei es, fürchtet der Bürgermeister, „ob der Flugzeugstandort Hamburg dann auf Dauer noch eine Zukunft hat, dann noch mithalten kann angesichts der Dimensionen der Globalisierung.“
Es sei „nur noch eine Hand voll“ Widerspenstiger, die einfach nicht Haus und Hof verkaufen wollen, ergänzte Uldall. Die anderen 13 Eigentümer oder Pächter hätten inzwischen notariell beglaubigte Verträge unterzeichnet. Sie treten aber nur in Kraft, wenn die Stadt sämtliche für den Pistenausbau benötigten Flächen erwerben und an Airbus weitergeben kann.
Notfalls vorgesehene Enteignungen hatte das Oberverwaltungsgericht am 18. August auf Klage der Betroffenen untersagt und damit die Stadt an den Verhandlungstisch gezwungen. Für zusätzlichen Druck sorgte vorige Woche Airbus. Der Konzern verlangt ultimativ bis Monatsende „Planungssicherheit“, anderenfalls würde das für Finkenwerder vorgesehene Auslieferungszentrum in das französische Airbus-Werk Toulouse vergeben.
Um das zu verhindern, will von Beust „jetzt die Hand reichen zu neuen Gesprächen“. Und auch selbst sprechen, „wenn die andere Seite das wünscht“.