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Archiv-Artikel

Keine Mehrwertsteuer für Armen-Beerdigung

Der Umbau im Gesundheitswesen wirft ständig neue Streitfragen auf, über denen Experten brüten müssen

Von ede

bremen taz ■ Der Tod ist nicht umsonst. Trifft er Arme, ist er aber mehrwertsteuerfrei – sofern die Bestattung vom Bremer Institut für Rechtsmedizin quasi hoheitlich angeordnet wurde. So sieht es jedenfalls das Bremer Verwaltungsgericht. Die zuständige Gesundheitsbehörde zweifelt trotz dieses jüngsten Richterspruchs. Sie hat ein Gutachten beauftragt, das klärt: „Was ist Amts-, was ist Dienstleistung – und was ärztliche Leistung?“

Verstorbene amtlich unter die Erde zu bringen, ist nicht so einfach. In Bremen geschieht es rund 200 Mal pro Jahr – aber in nur rund zehn Prozent der Fälle werden Hinterbliebene gefunden, bei denen dann die Kosten von rund 650 Euro eingefordert werden. „Ohne Mehrwertsteuer“, mahnt jetzt allerdings Verwaltungsrichter Ingo Kramer. Auch wenn private Bestattungsunternehmen die Toten beisetzen, handele das Gerichtsmedizinische Institut im staatlichen Monopolauftrag. Und: Spätestens seit die Kosten nach einer 2002 in Kraft getretenen amtlichen Gebührenordnung berechnet werden, sei „der Tatbestand der Bestattung als Amtshandlung deklariert“. Mehrwertsteuerfrei bleibt deshalb auch die Kühlung des Leichnams. „Aber das ist schon länger unstreitig“, sagt Kramer. Überhaupt habe man sich beim Verwaltungsgericht gewundert, dass so wenige Verwandte sich gegen die Kosten der angeordneten Bestattung wehrten. Ein erster Fall wurde vergangene Woche aktenkundig – und damit auch die seit zwei Jahren fälschlicherweise verlangte Mehrwertsteuer.

Natürlich könnten Betroffene jetzt einen „Antrag auf Rücknahme eines rechtswidrigen, bestandskräftigen Verwaltungsaktes stellen“, sagt der Richter. Auf gut Deutsch also: Sie könnten versuchen, Mehrwertsteuer zurückzubekommen. Immerhin 100 Euro. Das müsste die Behörden entscheiden – aber nur für Rechnungen, die bis zum 1. Januar 2004 ausgestellt wurden. Seitdem ist das rechtsmedizinische Institut einer gemeinnützigen Klinik-GmbH angegliedert – und damit auch neuen rechtlichen Regelungen unterworfen. ede