heute in bremen
: „Verdauung braucht Zeit“

Annelie Keil und Klaus Haak sprechen beim Gesundheitstalk über „Bauchgefühle“

taz: Frau Keil, Sie reden über den Bauch – geht es dabei nur um psychisch bedingtes Unwohlsein oder auch um Krankheiten wie Magen- oder Darmkrebs?

Annelie Keil, Gesundheitswissenschaftlerin: Um beides. In der Reihe Gesundheitstalk trennen wir nicht zwischen psychisch und somatisch – das geht nach meiner wissenschaftlichen Überzeugung gar nicht. Körper, Geist und Seele bilden ein Netzwerk, der Mensch reagiert stets als ganzer.

Was ist das besondere am Bauch?

Der Verdauungsbereich ist für Integration zuständig, dort wird alles verarbeitet. Nahrung, aber auch Stress. „Das muss ich erst einmal verdauen“ weist auf diese Verbindungen hin, aber in unserer Kultur sind solche Weisheiten in Vergessenheit geraten.

„Nach dem Essen sollst du ruh’n oder tausend Schritte tun.“

Das bedeutet, dass Verdauung nicht nebenbei erledigt werden kann, dass wir Kraft aufwenden müssen und Zeit. Aber in unserer Leistungsgesellschaft ist das nicht einfach. Um es mal ganz drastisch zu sagen: Um effektiv zu sein, darf man nicht so lange scheißen.

Also weniger leisten?

Nein, Leistung ist etwas wunderbares, aber nur dann, wenn ich sie genießen kann und nicht zur nächsten Aufgabe haste mit dem Gefühl, zu wenig geleistet zu haben.

Ein anderes geflügeltes Wort unserer Tage ist „Renni räumt den Magen auf“.

Ja, wir haben für alles eine Pille. Glauben wir jedenfalls.

Interview: eib

AOK-Gesundheitstalk „Aufstand im Bauch“ mit Annelie Keil und Klaus Haak: Universum, 19 Uhr