TARIFSTREITPUNKTE

Die Diskussion um die Tarifautonomie konzentriert sich auf zwei Paragrafen – einer im Tarifvertragsgesetz, der andere im Betriebsverfassungsgesetz:

1. Das „Günstigkeitsprinzip“. Das Tarifvertragsgesetz sieht in Paragraf 4 Abs. 3 vor, dass Arbeitsverträge nur vom Tarifvertrag abweichen dürfen, wenn dies für den Beschäftigten von Vorteil ist. Lohnkürzungen oder längere Arbeitszeiten sind also nicht möglich durch schlichte Einigung im Betrieb, sondern sind nur gestattet, wenn der Tarifvertrag entsprechende „Öffnungsklauseln“ vorsieht. Diese Ausnahmeregelungen können jedoch nicht einfach im Betrieb angewandt werden; die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften müssen zustimmen. Arbeitgeber und Union wollen dieses Prozedere nun umgehen: Künftig sollen etwa Verschlechterungen bei der Bezahlung als „günstig“ gelten, wenn so der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers gesichert wird.

2. Der „Tarifvorrang“. Das Betriebsverfassungsgesetz legt in Paragraf 77 Abs. 3 fest, dass Betriebsvereinbarungen nicht regeln dürfen, was üblicherweise Gegenstand von Tarifverträgen ist. Dieser Tarifvorrang soll davor schützen, dass Betriebsräte und Gewerkschaften gegeneinander ausgespielt werden. Die Union fordert, auch den Tarifvorrang zu streichen. In einem neuen Paragrafen 88 a sollen die Tarifparteien nur noch ein Vetorecht gegen betriebliche Abmachungen erhalten. Diese Unionsidee begeistert die Arbeitgeberverbände nicht besonders. Das ist bestens zu verstehen: Sie würden sich selbst entmachten. Ohne den Tarifvorrang würden die Arbeitgeberverbände ihre Rolle ebenso verlieren wie die Gewerkschaften. Außerdem fürchten sie chaotische Zustände. Bisher schützt der Flächentarifvertrag vor einem „Häuserkampf“, der sonst in jedem einzelnen Betrieb um Löhne und Arbeitszeiten ausbrechen könnte. UH