Berlin hätschelt Häfen

Auf der 6. Nationalen Maritimen Konferenz werden Durchhalteparolen gepredigt. Die internationale Wirtschaftskrise sei bald vorbei, deshalb müssten Milliarden in Häfen und Straßen investiert werden

AUS ROSTOCK SVEN-MICHAEL VEIT

Ein gute Nachricht hat Dagmar Wöhrl. Hafen- und Schifffahrtspolitik sei kein Hobby der Küstenländer, sondern von enormer Bedeutung für ganz Deutschland – „und das ist jetzt auch im Süden klar geworden“, sagt die Maritime Koordinatorin der Bundesregierung. Die CSU-Bundestagsabgeordnete aus Nürnberg muss es ja wissen. Damit aber sind die positiven Wasserstandsmeldungen von der 6. Maritimen Konferenz in Rostock schon fast erschöpft, es dominieren Durchhalteparolen.

Der Jubel der Globalisierungsgewinner, der noch auf der 5. Konferenz im Dezember 2006 in Hamburg alle – und vor allem ökologische – Einwände übertönte, fällt nun eher verhalten aus. „Wir müssen Kurs halten“, mahnt etwa der Chef der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Klaus-Dieter Peters, und der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Uwe Beckmeyer lobt die geplanten Milliardeninvestitionen der Bundesregierung: „Planungsreife Projekte rascher zu finanzieren und umzusetzen, ist der richtige Weg.“

Denn um die Häfen für die Zeit nach der Wirtschaftskrise fit zu machen, will das Bundesverkehrsministerium enorme Subventionen bereitstellen. Für dieses und für das kommende Jahr sieht das Konjunkturpaket I der Bundesregierung unter anderem 210 Millionen Euro für den Ausbau von seewärtigen Hafenzufahrten und Hinterlandanbindungen vor.

Die Hilfen seien Teil der geplanten Investitionen in das Schienen-, Straßen- und Wasserstraßen-Netz, die 2009 und 2010 insgesamt 24 Milliarden Euro betragen sollen. Aus den Konjunkturpaketen I und II will das Verkehrsressort zusätzliche vier Milliarden Euro in den Ausbau der Verkehrswege fließen lassen.

In der Talsohle soll für den nächsten Gipfelsturm geklotzt werden – ökologischer aber wird es kaum. Denn die Pläne seien eine „nicht bezahlbare Wunschliste der Hafenwirtschaft“, kritisieren Ökoverbände wie die Umweltstiftung WWF und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Der parallele und unkoordinierte Ausbau aller Hafenstandorte“ sei unverantwortlich. Bei einem koordinierten Gesamtkonzept für die Häfen Hamburg und Bremerhaven sowie den im Bau befindlichen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven sei etwa die erneute Vertiefung der Elbe „überflüssig“. Besser sei aus ökologischer Sicht eine stärkere Spezialisierung und Arbeitsteilung einzelner Häfen.

Die norddeutsche Hafenwirtschaft ist entsprechend zufrieden mit den Berliner Plänen. „Besonders begrüßen wir, dass der Ausbau der hafenrelevanten Verkehrsachsen und knoten ein Schwerpunkt ist“, erklärt der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) in Hamburg. Bundesweit hingen etwa 500.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Seehafenwirtschaft ab.

Und Michael Behrendt, Chef der Reederei Hapag-Lloyd und zugleich Vorsitzender des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), hofft mittel- bis langfristig auf die positive Entwicklung für die Branche. Denn es handele sich nicht um eine grundlegende Strukturkrise, sondern um eine konjunkturelle Krise. Es gebe keine ernsthaften Zweifel daran, dass die Globalisierung wieder in Schwung kommen werde.

Um dafür gerüstet zu sein, müssten die Anbindungen der Ostseehäfen mit Straßen und Schienen optimal sein, verlangte Rostocks Hafenchef Ulrich Bauermeister. Und warnte vor schärferen Grenzwerten für die Schadstoffemissionen von Schiffen, welche nach EU-Plänen speziell auf dem ökologisch sensiblen baltischen Binnenmeer gelten sollen. Bauerfeind befürchtet für diesen Fall „eine neue Rezession rings um die Ostsee ab 2016“.

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