: Wichtig is auf‘m Platz
Sportstudenten wollen den Rasen vor dem Reichstag in ein Nationalfeld verwandeln. Damit der Bevölkerung endlich klar wird, dass dem deutschen Volke 2006 eine Fußball-WM bevorsteht, sollen 5.888 Vereine ein Stück heimischen Kickerrasen spenden
von OLIVER HAVLAT
„Wichtig ist, dass die Leute diese Weltmeisterschaft wollen“, sagt Gerd Scholz. „Ja, die Leute müssen dahinter stehen“, ergänzt Marc Friedrich. Die beiden Sportstudenten stehen vor dem Reichstag, am Rande des Platzes der Republik. Ihre Blicke gleiten immer wieder über den Rasen, der an diesem eiskalten Spätherbst-Mittag leer daliegt. Man kann fast sehen, wie in den Gedanken der beiden ihr Projekt Gestalt annimmt.
Ein „Nationalfeld“ wollen sie zusammen mit einem weiteren Freund auf der Fläche zwischen Kanzleramt und Reichstag errichten, einen Fußballtempel der Nation, mitten im Herzen der Hauptstadt. Das fehle in Deutschland, meinen die Studenten. Andere Symbole, die die bundesweite Bedeutung des Volkssports angemessen zum Ausdruck bringe, gebe es nicht. „Mir fällt nichts ein“, meint Friedrich. So ein Nationalfeld, finden die beiden, könne dazu beitragen, die Deutschen auf die WM 2006 einzustimmen, die ja nun einmal hier stattfinden wird. „Das ist ein einmaliges Ereignis, das kommt so schnell nicht wieder!“, begeistert sich Scholz und wird dann kritisch: „Organisatorisch ist ja schon alles vorbereitet, da könnte die WM ja morgen losgehen.“ Nur die Menschen selbst seien eben noch nicht in der rechten Stimmung.
Um das zu ändern, wollen die beiden nicht einfach nur ein großes Fußballfeld mitten in Berlin errichten, sondern einen wahren „Nationalrasen“: Jeder Verein in Deutschland kann sich mit einer Rasenspende beteiligen. 5.888 Rasenstücke, entnommen von Plätzen und Stadien im ganzen Land, haben die beiden ausgerechnet, ergeben den bespielbaren Kern ihres Heiligtums. Auf der Internetseite nationalfeld.de können sich die Clubs jetzt schon für die Grasspende anmelden.
Um das Projekt auch möglichst bald realisieren zu können, suchen die beiden Studenten Sponsoren. Einen Haufen Briefe und E-Mails haben sie schon verschickt. Und die Adressliste liest sich wie ein Who’s who des deutschen Politik-, Sport-, und Kulturbetriebs: Von Franz Beckenbauer und Gerhard Mayer-Vorfelder über den Kanzler, Sportminister Otto Schily und Klaus Wowereit bis hin zu Oliver Kahn, Frauenfußball-Kapitän Bettina Wiegmann und dem fußballbegeisterten Schauspieler Peter Lohmeyer reicht die Spanne. Dazu kommen namhafte Firmen, die sich auch bei der Ausrichtung der Weltmeisterschaft als Sponsoren engagieren. Allerdings: Rückmeldungen gab es bisher so gut wie keine. Trotzdem: „Die Idee zu verbreiten, das können wir jetzt machen“, sagen Friedrich und Scholz. Über die Detailfragen, gerade wie die der Finanzierung und des Baus, müsse man später sprechen.
Eines steht aber für die beiden schon fest: Der Platz der Republik sei eindeutig der beste Ort für das Nationalfeld. „Hier kann dann sogar der Kanzler von seiner Wohnung aufs Spielfeld gucken.“