Grüner stützt schwarzen Oberbürgermeister

Boris Palmer zieht seine Kandidatur zurück: Bei der Stichwahl zum Stuttgarter Oberbürgermeister am übernächsten Sonntag wird der grüne Politiker nicht antreten. Seine Themen sieht er bei der CDU besser aufgehoben als bei der SPD

STUTTGART taz ■ Auf dem Marktplatz in der Stuttgarter Innenstadt wurde gestern wie immer mit Obst und Gemüse gehandelt, im ersten Stock des Cafés Scholz bot Boris Palmer (32) Zitronen für die Berliner Parteizentrale an. Der am Sonntag mit 21,5 Prozent respektabel gescheiterte grüne Oberbürgermeisterkandidat zog seine Bewerbung für die Stichwahl am 24. Oktober zwar zurück. Er votierte aber nicht wie erwartet für die SPD-Kandidatin Ute Kumpf (56). Palmer sagte, er wolle nicht direkt einen Kandidaten empfehlen, stehe jedoch dem amtierenden Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) inhaltlich näher als der Sozialdemokratin.

SPD-Kandidatin Kumpf hatte mit 32,8 Prozent im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit verfehlt. Noch am Wahlabend bezeichnete sie Palmer als „Populisten“. Größter Streitpunkt im Wahlkampf in der baden-württembergischen Landeshauptstadt war das Mammutprojekt Stuttgart 21 – die Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde.

Palmer berichtete über die Gespräche mit beiden Kandidaten. Er habe mit offenen Karten gespielt und gleich zu Beginn gesagt, dass er sich nicht durch eine aussichtslose Kandidatur „zum Kasper“ machen wolle. Jedoch habe er versucht, die Positionen zu sechs umweltrelevanten Themen auszuloten. Kumpf habe „sich nicht bewegt“, bei Stuttgart 21 an „ihrer wankelmütigen Sowohl-als-auch-Haltung“ festgehalten und seine Verkehrskonzepte als „Spielereien von kleinen Jungen bezeichnet“.

Schuster dagegen habe seine rechtspolitische Ausfassung revidiert, dass ein von Palmer geforderter Bürgerentscheid rechtlich unmöglich sei.

Boris Palmer stellte fest, dass er den Erwartungen jener grünen Bundespolitiker nicht entsprochen habe, die mit Blick auf die Landtagswahl 2006 gerne eine Option für Kumpf und Rot-Grün im Südwesten gesehen hätten. Kumpf sei „nur mäßig interessiert“ gewesen, inhaltliche Zugeständnisse habe sie nicht gemacht. Mit Schuster dagegen hätten sich schon in den vergangenen Jahren immer wieder Übereinstimmungen im Stadtparlament ergeben. Dies habe sich nun in einem „Vier-Augen-Gespräch“ bestätigt. Er habe „lieber einen OB Wolfgang Schuster für mein Kernprogramm als eine OB Ute Kumpf gegen mein Programm“. Das sei „nach Abwägung der programmatischen Übereinstimmungen klar“. Dazu gehöre der Ausbau des Regionalverkehrs, flächenschonende Baupolitik, ökologisch sinnvoller Mülltransport und verstärkte Förderung der Integration von Migrantenkindern.

Er rufe, sagte Palmer, zwar nicht zur Wahl von Schuster auf, habe aber „seine Präferenz“. Dabei wisse er sowohl die Rathausfraktion als auch Vertreter der Kreisverbände hinter sich. Er wandte sich prophylaktisch gegen die „böswillige Unterstellung“, es habe für ihn „irgendwelche Postenangebote“ gegeben: „Ich bin ein ökologisch motivierter Idealist.“

Auch als Signal für schwarz-grüne Bündnisse wollte er seine Entscheidung nicht verstanden wissen. Jenseits der Parteien sei es die genuine „Funktion der Grünen, die Modernisierung voranzutreiben“. HEIDE PLATEN