: Schläger und Verleger
NPD und DVU wollen gemeinsam Wahlen gewinnen. Doch noch trennt die rechtsextremen Parteien mehr als sie verbindet
VON ASTRID GEISLER
Es ist ein alter Traum der deutschen Rechtsextremen: das zersplitterte Lager zu einer starken Kraft vereinen. Angespornt von den Wahlerfolgen in Sachsen und Brandenburg wollen NPD-Chef Udo Voigt und DVU-Chef Gerhard Frey den Wunsch bei der Bundestagswahl 2006 erstmals Wirklichkeit werden lassen. Ziel sei eine „gemeinsame Liste“ von NPD und DVU, verkünden die Parteichefs.
Was sie darunter genau verstehen, ist noch unklar. Vorstellbar sei, dass die Kandidaten beider Parteien unter DVU-Label bei der Bundestagswahl antreten, sagt NPD-Geschäftsführer Frank Schwerdt. Dafür könne man in die kommenden Landtagswahlkämpfe unter NPD-Banner ziehen. „Wir wollen nicht kopulieren, sondern kooperieren“, heißt es vage aus der Münchner DVU-Zentrale. Ziel sei allenfalls ein „politisches Zweckbündnis“. Die Frage nach einem gemeinsamen Programm sei bisher nicht mal diskutiert. Auch die Personalfragen sind laut einem NPD-Sprecher noch offen.
Doch mit den Antworten auf diese Fragen steht und fällt das Projekt N-P-D-V-U. „Für ein Wahlbündnis müssten sich beide Seiten in vielen heiklen Punkten einigen“, sagt der Rechtsextremismusforscher Richard Stöss. „Die Frage ist: Bekommen die das wirklich hin?“
Ob Ideologie, Organisationsstruktur oder Anhängerschaft: Nach wie vor trennen tiefe Gräben die bisherigen Konkurrenten. Während NPD-Funktionäre offen gegen Grundgesetz und Demokratie wettern, wird DVU-Chef Frey nicht müde, seine Verfassungstreue zu beteuern. Der von der NPD propagierte „Kampf um die Straße“ kommt im Konzept der DVU so wenig vor wie der Neonazitraum von „national befreiten Zonen“.
Im Unterschied zur NPD gilt die DVU zudem nicht als klassische Partei, sondern eher als erweiterter Buchklub von Verleger Frey. Dieser gibt den Kurs vor, Programm ist, was in der verlagseigenen National-Zeitung steht. Bundesvorstand und Landesverbände sind laut Verfassungsschutz kaum mehr als Marionetten.
Während sich die NPD um Aufbauarbeit an der Basis bemüht und mit der Kandidatur dreier Neonazis für den Bundesvorstand symbolisch auch der Klientel ganz rechts außen die Hand reicht, gelten die meist betagten DVU-Mitglieder eher als Ultrakonservative, die ihre Beiträge zahlen und mit einem Dasein als Karteileiche zufrieden sind. „In der NPD gibt es starke Vorbehalte gegen Frey“, sagt Rechtsextremismusforscher Stöss. Der Verleger werde als „Geschäftemacher“ verachtet, ihm werde gar die nationale Gesinnung abgesprochen. Umgekehrt wollten viele in der DVU nichts mit den NPD-„Schlägertrupps“ zu tun haben.
Die Unterschiede erklären, warum in der Vergangenheit keiner der Kooperationsversuche von NPD und DVU zum Durchbruch führte. 1987 zum Beispiel hatten beide unter dem Namen „DVU – Liste D“ schon einmal ein Wahlbündnis geschmiedet. Die Formation gewann zwar auf Anhieb einen Sitz in der Bremer Bürgerschaft. Doch bei der Europawahl 1989 blieb der Erfolg schon wieder aus. Nur wenig später war die „Liste D“ Geschichte.
Ob NPD und DVU ihren neuen Schulterschluss überhaupt zwei Jahre lang bis zur Bundestagswahl durchhalten, ist deshalb ungewiss. Als heikel gelten vor allem die Personalfragen. „Da wird schnell ein Kampf um den Führungsanspruch ausbrechen“, prophezeit Szenekenner Daniel Begrich vom Verein „Miteinander“ in Halle. Er rechnet mit „Diadochenkämpfen“ und damit, dass das Projekt profilneurotische „Glücksritter“ in Scharen anlocken wird.
Trotz traditioneller Rivalitäten und Animositäten traut der Kölner Rechtsextremismusforscher Christoph Butterwegge den Spitzen von DVU und NPD heute allerdings einen größeren Willen zu, ihre persönlichen Ambitionen zurückzustellen: „Wenn beide es schaffen, die Querelen zu kanalisieren, kann das Projekt gelingen.“ Die Wahlerfolge in Sachsen und Brandenburg seien zweifellos eine große „Verlockung“.
Dieser Köder des Erfolgs könnte auch Frustrierte aus den Reihen der „Republikaner“ anlocken. Zwar hat deren Parteichef Rolf Schlierer wiederholt jede Zusammenarbeit mit der NPD ausgeschlossen. Doch Kenner der Szene berichten, dass es an der REP-Basis rumort. Sie erwarten, dass sich Scharen von REPs auch gegen die Vorstandslinie dem Wahlbündnis anschließen – sollte es zustande kommen. Dann wäre REP-Chef Schlierer am Ende, vielleicht sogar seine Partei. Und DVU und NPD könnten noch vor der Bundestagswahl einen Erfolg feiern.