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Archiv-Artikel

Des Jägers Beute soll magerer werden

Ab Samstag werden wieder Wildgänse geschossen. Naturschützer fordern, das Jagdrecht zu novellieren

BERLIN taz ■ Waidmannsheil: Am kommenden Samstag beginnt in vielen Bundesländern die Jagd auf Wildgänse. Die Grünröcke ziehen aus, um Bless- und Saatgänse zu schießen, die auf ihrem Flug von Skandinavien ins südliche Winterquartier in Deutschland eine Rast einlegen. „Das verbietet sich aus ethischen Gründen“, erzürnte sich gestern Helmut Opitz, der Vizepräsident des Naturschutzbundes (Nabu). Genauso „skandalös“ sei es, dass das geltende Bundesjagdgesetz die Jagd auf Greifvögel und andere vom Aussterben bedrohte Arten noch immer erlaube. Doch eine Novelle lässt auf sich warten.

Laut Koalitionsvertrag will die rot-grüne Bundesregierung das antiquierte Jagdgesetz noch in dieser Legislaturperiode überarbeiten. Es fußt auf Görings Reichsjagdgesetz von 1934, wurde 1952 nur leicht verändert und regelt etwa die Jagd auf den Wisent. Das dem Bison ähnliche Tier ist in Deutschland längst ausgestorben. Doch die zuständige Agrarministerin Renate Künast (Grüne) kommt mit der Reform nicht voran. Klar ist bisher nur, dass sie die naturnahe Waldbewirtschaftung und den Tierschutz im Jagdrecht verankern will. Gestern erklärte das Ministerium auf Anfrage der taz, dass man bis zum Jahresende einen Gesetzentwurf vorlegen wolle.

Die Naturschützer sind da schon viel weiter: Gefährdete Arten schützen! Jagdzeiten verkürzen! Altertümliche Fangtechnik wie Fallen oder bleihaltige Munition verbannen! So stellt sich der Naturschutzbund (Nabu) eine Novelle vor. Anders als so manche Tierschützer wendet sich der Nabu nicht grundsätzlich gegen die Jagd. Er selbst nehme sich gerne „ein Stück Wildbret mit nach Hause“, sagt der Nabu-Experte und Jäger Gregor Beyer. Aber die Liste der Tiere, die die 330.000 deutschen Jäger schießen dürften, müsse zusammengetrichen werden. Nur 12 Arten sollten von den bislang mehr als 90 übrig bleiben. Reh, Fasan oder Wildkaninchen könnten weiterhin geschossen werden.

Allerdings wird Renate Künast die Vorstellungen der Naturschützer kaum vollständig umsetzen können. Zu stark wehrt sich die Jägerlobby: „Den Tieren geht es nicht besser, wenn sie nicht mehr unter das Jagdrecht fallen“, hält etwa Anke Nuy, Sprecherin des Deutschen Jagdschutz-Verbandes, dagegen. Denn dann entfalle auch das „große persönliche“ Engagement der Jäger. Das Gesetz verpflichte die Waidmänner – sie schießen rund fünf Millionen Wildtiere pro Jahr – schließlich auch zu Hege und Pflege.

Das wäre besser, findet Ralf Schude vom Ökologischen Jagdverein, der von Förstern gegründet wurde: „Die überhegen das Wild doch bloß.“ Es werde nur gefüttert, um „stolze Strecken“ zu erzielen. Die künstlich aufgepäppelten Bestände zerbissen die Baumrinden, die Fütterung überdünge den Boden. So habe ein naturnaher Mischwald keine Chance. HANNA GERSMANN