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Archiv-Artikel

Köln legt Kaplan zu den Akten

Kölns OB Schramma zeigt sich zufrieden mit der Blitzabschiebung Metin Kaplans in die Türkei. Doch auch ohne die Anwesenheit des Islamisten dürfte der „Fall Kaplan“ die Gerichte weiter beschäftigen

von Pascal Beucker und Frank Überall

Gute Stimmung herrschte am Dienstag Abend auf Kölns Rathausfluren. Das breite Grinsen der städtischen Mitarbeiter, die jahrelang mit dem „Fall Metin Kaplan“ zu tun hatten, war unübersehbar: Endlich ist das von ihnen bislang verwaltete „Objekt“ weg. Die jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen mit dem Islamisten hatten in den Amtsstuben für etliche Überstunden gesorgt. Jetzt ist der Fall erledigt – wohl endgültig. Auch die Vorsichtsmaßnahmen der Kölner Polizei, die sich angesichts der überraschenden Blitzabschiebung Kaplans auf Proteste vorbereitet hatte, erwiesen sich als unnötig: Es blieb ruhig.

Nachdem das Kölner Verwaltungsgericht den Weg für seine Abschiebung frei gemacht hatte, war der völlig überraschte Kaplan am Dienstag Nachmittag in Nippes festgenommen und umgehend mit Blaulicht zum Düsseldorfer Flughafen gebracht worden. Hier wartete bereits ein gecharterter Learjet, mit dem der selbsternannte „Kalif von Köln“ dann in die Türkei ausgeflogen wurde. „Ich bin froh, dass die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Behörden von der Polizei bis hin zu den türkischen Institutionen so vorbildlich schnell geklappt hat“, kommentierte Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) den Coup. Mit der gelungenen Blitzabschiebung sei das Image Kölns verbessert worden.

Allerdings wird der Fall Kaplan auch ohne die persönliche Anwesenheit des 51-Jährigen die Kölner Gerichte weiter beschäftigen. Denn nachdem ihr Mann weg ist, bekommt nun die Ehefrau Kaplans Ärger aus dem Rathaus. Die Verwaltung fordert noch 160.000 Euro an Sozialhilfe zurück. Bei früheren Razzien war viel Bargeld in Kaplans Chorweiler Wohnung gefunden worden, so dass die Sachbearbeiter davon ausgehen, dass der Islamist Sozialhilfebetrug begangen hat. Obwohl der Hauptbeschuldigte nicht mehr da ist, will die Stadt das Geld jetzt von der weiterhin in Köln lebenden Familie zurück holen. Vor dem Verwaltungsgericht wird der Fall Anfang November verhandelt.

Juristisch verantworten werden sich wohl auch die drei Anhänger Kaplans müssen, die bei dessen Festnahme in dem Internet-Café „Net-Tunnel“ Widerstand geleistet haben sollen. Gegen die Männer, die nach der Feststellung der Personalien entlassen worden waren, wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Gefangenenbefreiung eingeleitet, so ein Polizeisprecher.

Das Kölner Verwaltungsgericht hatte am Dienstag abgelehnt anzuordnen, dass ein Widerspruch Kaplans gegen eine Abschiebungsandrohung der Stadt Köln vom Mai 2004 aufschiebende Wirkung hatte. Dies hatte seine Anwältin beantragt. Kaplan sei „als Identifikationsfigur für den islamischen Extremismus anzusehen“, so das Gericht. Deswegen stehe sein Interesse an einem weiteren Verbleib in Deutschland „hinter dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Abschiebung“ zurück. Sein noch nicht abgeschlossenes Revisionsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig könne den weiteren Aufenthalt in Köln nicht rechtfertigen. Dasselbe gelte für Kaplans Interesse an der Familiengemeinschaft mit seiner als asylberechtigt anerkannten Ehefrau. Die von Kaplan geltend gemachten gesundheitlichen Gründe – er leidet an Prostatakrebs – hätten zudem keine Reiseunfähigkeit zur Folge.

Eine Beschwerde der Verteidigerin gegen das Urteil ging zwar offenbar formlos per Fax noch am Dienstag Nachmittag in Köln ein. Aber darin soll nach Angaben eines Gerichtssprechers nicht ausdrücklich um eine aufschiebende Wirkung gebeten worden sein. Genau das aber wäre die einzige Möglichkeit gewesen, eine umgehende Abschiebung Kaplans in letzter Minute zu stoppen. Erst nach seiner Abschiebung sei nach 19 Uhr eine Begründung und der Antrag nachgereicht worden, das Oberverwaltungsgericht Münster solle bis zur Entscheidung über die Beschwerde die Abschiebung aussetzen. Wie praktisch.