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Archiv-Artikel

darüber redet spanien: albert boadella Generalissimo Franco, die Witzfigur

Albert Boadella (57), Theatermacher, bringt mit einer Satire über den Diktator halb Spanien gegen sich auf – und die andere Hälfte zum Lachen.

Spaniens Diktator Francisco Franco ist zurück. Er füllt die Kinosäle des Landes. „¡Buen viaje, excelencia!“ heißt der Film. Humorvoll erzählt er die letzten Tage des senilen Tyrannen. „Ich glaubte immer, dass er schlau und pervers und ein beachtlicher Militär war“, sagt der Autor des Drehbuches und Direktor der Theatertruppe Els Joglars, Albert Boadella. „Dann machte ich die große Entdeckung: Er war geistig schwach, ungebildet, von intellektueller und kultureller Armut und hatte selbst von den einfachsten Dingen des Lebens keine Ahnung. Wir beschrieben ihn als viel gefährlicher als er war, um unsere schwache Opposition gegen ihn zu rechtfertigen.“

Jetzt gibt Boadella Franco der Lächerlichkeit preis. Zynismus als symbolischer Tyrannenmord und späte Gruppentherapie.

Boadella macht sich damit nicht nur Freunde. Die meisten Kinos wollen “¡Buen viaje, excelencia!“ nicht zeigen. Sie haben, 28 Jahre nach Ende der Dikatatur, noch immer Angst vor Übergriffen der Ewiggestrigen. Selbst in der Hauptstadt Madrid ist nur ein einziges Lichtspielhaus so mutig, Boadella die Leinwand zur Verfügung zu stellen. Lange Schlangen bilden sich dort Tag für Tag.

Boadella und seine Joglars gehören seit 40 Jahren zur Avantgarde des spanischen Theaters. Am liebsten zerpflücken sie die Symbole des Nationalismus in ihrer katalanischen Heimat. Ob der Maler Salvador Dalí, der Dichter Josep Pla oder der seit Francos Tod amtierende katalanische Regierungschef Jordi Pujol – Boadella zerpflückt die nationalistischen Mythen, um sich mit einem lauten Lachen davon zu befreien. Während das Publikum die Nationalismuskritik begeistert aufnimmt, gilt er für die Politiker als Nestbeschmutzer. Zwanzig Jahre brauchte das staatliche Regionalfernsehen in Katalonien, bis es dem bekanntesten Theater der Region eine Reportage widmete. „Ohne unsere großen Feinde hätten wir keine 40 Jahre Theater gemacht“, sagt Boadella gelassen.

Auch mit der Justiz bekam er es mehr als einmal zu tun. Am liebsten erzählt Boadella eine Geschichte aus dem Jahre 1978. Die Schergen des untergegangenen Regimes klagten ihn wegen Beleidigung an. Die Polizei hielt Boadella in einem Krankenhaus fest, in dem er eine Knöchelverletzung auskurierte, bis ihm, als Arzt verkleidet, die Flucht gelang: Seine Bewacher bemerkten die Flucht erst Stunden später. „Ich hatte ihnen ein paar erotische Zeitschriften geliehen“, grinst Boadella. REINER WANLDER