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Archiv-Artikel

Rheinland verpestet die Luft im Revier

Das Ruhrgebiet hat immer noch die schlechteste Luft des Landes, zeigt die aktuelle Studie des Landesumweltministeriums. Verantwortlich sind der Verkehr – und der Südwind aus dem Rheinland

RUHR taz ■ Das Ruhrgebiet hält den Dicke-Luft-Rekord: Hier liegen alle sechs NRW-Städte, die nach einer Studie des Umweltministeriums zulässige Grenzwerte der EU zur Luftverschmutzung überschreiten. „Es besteht eindeutig Handlungsbedarf“, sagt die grüne NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn. Untersucht wurden 65 Städte, in Hagen, Krefeld, Castrop-Rauxel, Düsseldorf und gleich dreimal in Duisburg fanden sich zu viele Feinstäube, Blei und Benzol in der Luft. Die Stoffe gelten als krebserregend und können Atembeschwerden und Allergien auslösen.

Anders als in der Vergangenheit ist es aber nicht mehr vorwiegend die Schwerindustrie, die die Luft verpestet. Inzwischen sind Auto- und LKW-Kolonnen Verursacher Nummer eins. Trotz ihrer Verkehrsknotenpunkte atmen die KölnerInnen und AachenerInnen saubere Luft. „Schuld ist der Südwind“, sagt Horst Manns vom Landesumweltamt. Die dicke Luft des Rheinlandes wehe regelmäßig nach Düsseldorf und ziehe von dort übers gesamte Revier. Die betroffenen Städte müssen nun so genannte Luftreinhaltepläne aufstellen, seit 1976 hat es schon 20 solcher Pläne im Ruhrgebiet gegeben. Manns sieht zwei Möglichkeiten: Autos müssen schadstoffärmer fahren und die Menschen auf ihr Gefährt auch einmal verzichten. „Die Technik ist leichter zu verbessern“, sagt er. Rußfilter und Katalysatoren seien relativ einfach machbare Verbesserungen. Um die Straßen zu entlasten, sollten seiner Meinung nach die BürgerInnen öfter zu Hause arbeiten, zum Beispiel könnten Jobs am Computer auch vom heimischen Schreibtisch aus erledigt werden. Außerdem sei es sinnvoll, in der Nähe des Arbeitsplatzes zu wohnen.

So weit denken die meisten Kommunen nicht. Düsseldorf hatte schon in den vergangenen Jahren auf die verpestete Luft in der Innenstadt nur eine Antwort: Der Verkehr sollte nicht weniger, aber schneller fließen. Grüne Ampelphasen wurden verlängert, Straßen ausgebaut. In Duisburg ist die Schwerindustrie und der Verkehr gleichermaßen für die dicke Luft verantwortlich. Trotzdem wird in einem Entwurf des Reinhalteplanes nicht am Autoverkehr gerüttelt: „Allenfalls technische Maßnahmen an den Fahrzeugen selbst“ kämen in Betracht, heißt es dort.

Auch Hagen, durch seine Tallage regelmäßig in Smogalarm, lenkt seinen Verkehr nur um: „Im Moment können wir die Emissionen nur auf bisher unbelastete Stadtteile verlagern,“, sagt Christian Schmidt, Hagener Umweltdezernent. „Wünschenswert ist aber eine Stadtmaut“, sagt Schmidt, im Moment gebe es dafür aber keine politischen Mehrheiten.

Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert ein schnelles Umdenken. „Vierzehntausend Menschen sterben jährlich an der Luftverschmutzung, hunderttausende leiden unter dem Verkehr, da kann man nicht einfach ein paar Ampeln auf Grün stellen“, sagt er. Ihm selber falle es mittlerweile schwer, Werbung für den ÖPNV zu machen, trotzdem sei er die einzige Alternative. Umweltministerin Höhn ist optimistischer. „Insgesamt hat die Luftbelastung abgenommen“, sagt die Grüne. Feinstäube seien aber besonders gefährlich, heute gehe die EU dieses Problem endlich an. In den kommenden Jahren würden wegen der geringeren Toleranzmargen noch weitere Städte die Grenzwerte überschreiten. „Die Kommunen wissen, was auf sie zukommt.“ Sollte die Luft an Messstationen in Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Bottrop nicht besser werden, drohen auch ihnen Reinhaltepläne. ANNIKA JOERES